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Anerkennung fehlt; der Verf. entscheidet sich (aus unglaublich schwachen
Gründen) für eine analoge Anwendung des $ 14 des Grundg. v. 21. Dez.
1867 auf die Gesetzgebung der einzelnen Kronländer. Dies giebt ihm Ver-
anlassung alle Fragen, die er für das österreichische Reichsrecht aufwirft,
auch für die Landesgesetzgebung zu erörtern; leider wird aber auch hier
leeres Stroh gedroschen, denn der Verf. muss S. 19 selbst feststellen, dass
solche Nothverordnungen im Gebiet der Landesgesetzgebung nicht existieren
und die Regierung ein Recht, solche zu erlassen, bisher sich noch gar nicht
zugeschrieben hat.
So wenig angenehm es ist, in einer Monographie fortwährend auf der-
gleichen Erörterungen zu stossen, deren Zweck und Nutzen man nicht ver-
stehen kann, so würde ich doch zu Gunsten des Verf. den Grundsatz superflua
non nocent in Anwendung bringen, wenn seine Arbeit im Uebrigen auf
solider wissenschaftlicher Grundlage ruhen und ein irgendwie brauchbares
Ergebniss liefern würde. Es ist nun nicht meine Absicht hier ein Verzeichniss,
auch nur ein unvollständiges, der falschen, oberflächlichen, ungenügend oder
schlecht begründeten Entscheidungen einzelner Fragen zu geben, welche das
Buch in allen Theilen in grosser Menge enthält. Dies würde die Wiedergabe
der Fragen, der Ausführungen des Verfassers und eine Beleuchtung oder
Widerlegung der letzteren, mit einem Worte einen Raum erfordern, den eine
so unreife Arbeit nicht werth ist; zumal die Gefahr ausgeschlossen ist, dass
diese Arbeit einen Einfluss auf die Theorie und Praxis gewinnen könnte.
Nur auf einen Fehler möchte ich hinweisen, der ein Grundfehler in der
ganzen Anlage der Schrift ist. Das vom Verf. behandelte Thema führt auf
die juristische Bedeutung der Gesetzesform und der Gesetzeskraft; denn
es handelt sich ja gerade um staatliche Acte mit Gesetzeskraft ohne Gesetzes-
form. Diese beiden Begriffe müssen daher den Ausgangspunkt und die Grund-
lage aller Erörterungen bilden. Davon hat aber der Verf. nicht das geringste
Verständniss, Die zahlreichen Erörterungen neuester Zeit über den Begriff
des Gesetzes, die Wirkungen der Gesetzesform, das Verhältniss der Gesetzes-
form zum Gesetzesinhalt, die Bedeutung von Rechtssätzen ohne Gesetzesform
u. s. w. scheint er zum Theil nicht zu kennen; in keinem Falle hat er sie
verstanden und ihre Tragweite begriffen. S. 100 Anm. 2 erklärt er ganz naiv,
dass wenn er auf die Frage (vom Gesetz im formellen und materiellen Sinn)
nicht näher eingeht, „so geschieht dies nicht, um der Untersuchung derselben
aus dem Wege zu gehen, sondern weil die Austragung dieser Streitfrage für
das Nothverordnungsrecht von keiner wesentlichen Bedeutung ist“. Dabei
beweist er zugleich, dass er von dieser Streitfrage selbst keine Ahnung hat;
denn auf derselben Seite bemerkt er „die Gesetzeskraft wird dadurch nicht
abgeschwächt, dass man ein Gesetz nur als formelles gelten lassen will“; er
redet von einem „Gebiet der formellen Gesetzgebung“ und S. 101, Note 7
meint er, dass die Unterscheidung von formellem und materiellem Gesetz
für die Lehre von der Nothverordnung rücksichtlich der Frage der dringenden