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in der Vorrede selbst seinen Zweck. Und in der That ein besserer Gegen-
stand hätte dafür kaum gewählt werden können. Die subjektiven Öffent-
lichen Rechte — das klingt uns ja immer noch wie der unbekannte grosse
Strom, der durch den dunkeln Erdtheil dahin fliesst. Der Verf. aber bewährt
sich gerade für eine solche Aufgabe wieder als der rechte Mann. An „vor-
wärtstreibender Kraft“ fehlt es da sicherlich nicht. Nirgends bleibt er an
der Oberfläche der Erscheinungen haften, überall sucht er das allerletzte
entscheidende Wort zu finden und scheut sich nicht, es scharf und ohne
Rückhalt auszusprechen. Da giebt es keine gebrochenen Töne, alle Saiten
macht er voll ertönen, die der Zustimmung wie die des Widerspruchs.
Leicht durchfliegen lässt sich das Buch nicht. Der Verf. bringt so
viel Neues und Eigenartiges, dass man sich schon zusammen nehmen muss,
um ihm auch immer recht zu folgen. Seine frische lebhafte Darstellungs-
weise darf nicht darüber täuschen. Anhängern der Sprachreinigung wird
freilich durch eine auffallende Vorliebe für gehäufte Fremdwörter sehr oft
noch ein besonderer Stein des Anstosses geboten.
Behufs Entwicklung seines Systems gliedert der Verf. seinen Stoff in
drei Abschnitten: die Rechte der Einzelnen, die Rechte des Staates
und der Verbände und abschliessende Erörterungen, letztere die
gemeinsamen Grundsätze enthaltend über Entstehung, Endigung, Aenderung
und Rechtsschutz. Die Eintheilung ist einleuchtend, setzt aber sofort schon
voraus einen Gedanken von grosser Tragweite: den nämlich, dass Öffentliche
Rechte auf den verschiedenen Gebieten des öffentlichen Rechts, Verfassungs-
recht, Verwaltungsrecht, Strafrecht, Prozess- und Völkerrecht im Wesent-
lichen gleicher Natur sein müssen, wenigstens hinreichend gleichartig um
sich in diese Rubriken zusammen ordnen zu lassen.
Die gemeinsame Grundidee zu geben, ist ein Allgemeiner Theil
bestimmt, der vorausgeschickt wird.
Es ist klar, dass eine Monographie, die so von Grund aus neu auf-
baut, iınmer darauf angewiesen ist, sich zunächst mit den Theorien über den
Staatsbegriff selbst auseinanderzusetzen. Das geschieht hier in entschie-
dener Ablehnung von Seyper’s Herrschertheorie (S. 26 ff... Mit den „Or-
ganologen* besteht ein freundlicheres Verhältnis. Nur muss diesen gegen-
über festgehalten werden, dass es sich nicht um eine natürliche, sondern
um eine juristische Orgunisation handelt (8. 86).
Hierauf folgt nun eine äusserst scharfsinnige Untersuchung über das
Wesen des subjektiven Rechtes des Individuums. Als die Grundformen des-
selben werden aufgestellt: Dürfen und Können (8.43 ff.). Damit ist nicht
eine Unterscheidung der subjektiven Rechte nach Inhalt und Wirkung beab-
sichtigt, wie man sie wohl auch sonst schon mit jenen Ausdrücken hat an-
deuten wollen. Der Verf. hebt mit Recht hervor, dass der fundamentale
Gegensatz, welchen er damit meint, bisher in der Literatur noch nicht er-
kannt worden ist. Das Können bedeutet ihm nämlich den Anspruch auf