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staatlichen Schutz, die Fähigkeit „Rechtsnormen im individuellen Interesse
in Bewegung zu setzen“. Es steht hinter jedem subjektiven Recht: „Das
rechtliche Können ist identisch mit der Rechtsfähigkeit. Es bezeichnet die
einzelnen Richtungen, in denen sie sich bethätigen kann. Die Gesammtheit
des Könnens stellt die Persönlichkeit dar“ (8.49).
Dabei ergiebt sich aber folgender Unterschied zwischen dem Rechts-
gebiete des Privatrechts und dem des öffentlichen Rechtes. Auf dem ersteren
ist das subjektive Recht stets ein Dürfen, welches zugleich nothwendig mit dem
öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Anerkennung und Schutz verbunden ist, mit
dem Können also. Das subjektive Recht des Einzelnen auf dem Gebiete des
öffentlichen Rechtes dagegen „besteht ausschliesslich in der Fähigkeit, Rechts-
normen im individuellen Interesse in Bewegung zu setzen“, also im Können, in
der Rechtsfähigkeit (S. 48). Hierin liegt der Knoten des ganzen Systems. Das
kommt dem Leser allerdings erst später recht zum Bewusstsein. Wir denken
uns das subjektive Recht im Privatrecht gern als ein Dürfen, hinter welchem
der Anspruch auf staatliche Anerkennurg steht. Dem entsprechend sollte
nun auch das subjektive Recht im öffentlichen Rechte etwas für sich sein,
ein Dürfen, Können, eine Willensmacht oder wie men’s nennen mag, und
dahinter wieder die staatliche Anerkennung, auf welche der Berechtigte
Anspruch hat für sein Dürfen, weil er Persönlichkeit ist. Dieses Mittelstück
also müssen wir uns gestrichen denken, wenn wir dem Verf. folgen wollen.
Für jedes öffentliche Recht ist die Persönlichkeit unmittelbar die Grundlage
„Alle öffentlichen Ansprüche der Einzelnen ruhen auf Qualifikationen der
Persönlichkeit“ (S. 117). Damit hängt die Grundeintheilung zusammen,
welche der Verf. für alle subjektiven Rechte giebt: sie richtet sich nach
Verschiedenheiten der Qualifikation der Persönlichkeit, nach dem verschie-
denen Status derselben. Der Inhalt dieses Rechtes ist aber, dem Begriff
des Könnens entsprechend, durchweg und gleichmässig gerichtet auf An-
erkennung und Schutz dieser Qualifikation. Was weiter noch daraus erfolgt,
steht erst in zweiter Linie und ist für das öffentliche subjektive Recht nicht
wesentlich. Um es gleich an einem Beispiel zu veranschaulichen: das
Wahlrecht erklärt der Verf. im Gegensatz zu LaBanD für ein subjektives
Recht des Wählers (8. 130); wir werden uns da mit seinen Ausführungen
nur einverstanden erklären können. Aber wie sieht nun dieses Recht aus?
„Das Wahlrecht, heisst es S. 152, besteht, so paradox dies klingen mag,
keineswegs in dem Recht zu wählen“. Worauf geht es also? Einzig und
allein „auf Anerkennung des Einzelnen in seiner Eigenschaft als Wähler,
als Träger eines aktiven Status.“ Das ist der Typus, welcher massgebend
ist für die ganze Reihe der subjektiven Rechte.
Kehren wir zu unserem Allgemeinen Theil zurück, so stossen wir zu-
nächst auf zwei Kapitel, welche sehr wichtigen Fragen gewidmet sind: die
Abgrenzung nämlich des subjektiven Öftentlichen Rechts gegenüber dem
privaten subjektiven Recht und gegenüber dem blossen geschützten