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der Familie sein. Aber der reine Zufall kann dieselbe Folge
haben. Die Commentatoren des Gesetzes sehen sich durch die
absolute Sprache desselben zu dem Zugeständniss gezwungen, dass
selbst die Vertreter fremder Staaten in Frankreich gegen die
Wirkung dieses Gesetzes durch ihre Exterritorialität nicht ge-
schützt sind). Der vernünftige Gedanke, dass die dauernde
Niederlassung auf dem Staatsgebiete zum Erwerb der Nationalität
führen muss, hat in dieser Gesetzesbestimmung eine vollkommen
verunglückte Fassung erhalten. Das ganze System der Bestimm-
ung der Staatsangehörigkeit durch den Ort der Geburt empfiehlt
sich durch die Bequemlichkeit der Anwendung, ist aber der
modernen Staatsauffassung, welche die Staatsgewalt auf die Ver-
tretung des Volks und nicht auf eine privatrechtlich Grundherr-
schaft begründet, entgegengesetzt. Es ist kein dem modernen
Rechtsgefühl einleuchtender Zustand, wenn ein hervorragender Ge-
burtshelfer durch den Ruhm seiner Anstalt seinem Vaterlande
Hunderte von Bürgern zuführen kann.
2. Der Satz, dass ein Erwerb der Staatsangehörigkeit ohne
Niederlassung im Staatsgebiete nicht möglich ist, wird durch das
deutsche Recht anerkannt. $ 8 des Gesetzes schreibt vor: „die
Naturalisationurkunde darf Ausländern nur dann ertheilt werden,
wenn Sie....
3. an dem Orte, wo sie sich niederlassen wollen, eine eigene
Wohnung oder ein Unterkommen finden,
4. an diesem Orte nach den daselbst bestehenden Verhält-
nissen sich und ihre Angehörige zu ernähren im Stande sind.“
Aus dem Worte „wollen“ in Nr. 3 dieses Paragraphen darf
nicht gefolgert werden '!?), dass die blosse Absicht der Nieder-
lassung genüge. Es wäre ungereimt, die Absicht einer Handlung
14) LE SuEUR & Dreyrus: La nationalite S. 23.
15) A. M. Caun S. 82, der aber mittheilt, dass das preussische Mini-
sterium des Innern sich nunmehr der hier vertretenen Auffassung ange-
schlossen hat.