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des negativen Status in Bewegung zu setzen.“ Die Geldstrafe will er nicht
hieher rechnen, weil sie „die Handlungsfähigkeit nicht tangirt“. Aber wenn
nun in Vollstreckung der Geldstrafe dem Bestraften seine Sachen weg-
genommen werden, tritt da nicht ganz die eben geschilderte Wehrlosigkeit
ein? Und wie dort mit dem Absitzen der letzten Minute, so müsste hier mit
der Bezahlung des letzten Pfennigs der negative Status wieder aufleben;
doch wollen wir das nicht weiter verfolgen.
Vor Allem interessirt uns hier die letzte Rubrik: die „Minderungen
des Status aus einem speziellen Subjektionsverhältnisse, in welches der Ein-
zelne durch Gesetz, Rechtsgeschäft oder Delikt tritt“. Dahin gehört die Dienst-
pflicht des Soldaten, Schöffen, Geschworenen und die des Beamten aus dem
Staatsdienstvertrag (S. 107). Dem letzteren widmet der Verf. noch eine
besondere Auseinandersetzung (8. 198 ff.) und es ist äusserst lehrreich zu sehen,
welche bedeutsame Rolle gerade hier der Begriff des negativen Status spielt.
Der Verf. sieht in der Anstellung einen wahren Vertrag gleich dem
civilrechtlichen und verwirft die Theorie, welche hier einen durch die Unter-
werfung des Anzustellenden bedingten Verwaltungsakt annimmt. Denn,
sagt er, ein einseitiger, wenn auch durch die Einwilligung bedingter Staats-“
akt, der den negativen Status einschränkt „ist und bleibt Akt des Imperiums“.
Einem Imperium unterliegt aber der Einzelne in seinem negativen Status
nicht; er ist ja hier „staatsfrei“. Der Vertrag ist „der einzig mögliche Weg,
derartige Subjektion rechtlich zu begründen. Das folgt einfach aus der An-
erkennung des status libertatis (des negativen Status) durch den Staat, auf
dessen Boden Stast und Individuum ganz unabhängig von einander und
daher als einander gleichartig dastehen“ (S. 199). Hier ist die Frage auf
den richtigen Punkt zurückgeführt, wo die Meinungen sich trennen. Uns
sind Staat und Unterthan von Natur rechtlich ungleich, der verfassungs-
mässig geäusserte Staatswille ist immer der bessere, stärkere, der den An-
deren rechtlich bindet. Wenn die Regierung dem Einzelnen nicht ohne
Weiteres Dienstpflichten auferlegen kann, so beruht das auf dem verfassungs-
mässigen Vorbehalt des Gesetzes, auf den sog. Freiheitsrechten. Durch ein
ermächtigendes Gesetz und ebenso durch die Einwilligung des Betroffenen
fällt diese Schranke hinweg und der Wille des Staates, den die Regierung
äussert, verpflichtet fortan hoheitlich, obrigkeitlich; die Einwilligung ist nur
eine Voraussetzung, die den Mangel eines ermächtigenden Gesetzes ersetzt.
Die Verneinung dieses Grundverhältnisses zwischen Staat und Unter-
than, die der Verf. hier mit dem Begriffe des negativen Status zum Aus-
druck bringt und mit welcher er die wahre Vertragsnatur der Anstellung
rechtfertigt, ist nichts Zufälliges und nichts was ihm allein eigenthümlich
wäre. Alle Verfechter des wahren Staatsdienstvertrages, sofern sie über-
haupt sich darüber Rechenschaft geben, gehen thatsächlich von dieser näm-
lichen Voraussetzung aus. Es pflegt nur nicht mit der Schärfe und Klarheit
ausgesprochen zu werden, wie es hier der Verf. thut. Diese Schärfe und
Archiv für öffentliches Recht. IX. 2. 19