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Verwaltung zu einer solchen Geschichte für die deutschen Staaten
je kommen werden. Unter solchen Umständen ist es erklärlich,
wenn der Verwaltungsrichter bei seiner Entscheidung sich ein Bild
von der Sache auf Grund einzelner hervorstechender Merk-
male des Falles macht, etwa so, wie der Naturforscher sich das
‚ vorsintfluthliche Thier auf Grund einzelner aufgefundener Knochen
construirt. Immerhin ist aber eine gründlichere Kenntniss der
Rechtsinstitute des germanischen Alterthums, des Lehensstaates,
des absolutistischen Patrimonialstaates, des Kirchenrechts zu
fordern als jene, auf welcher die Judicatur der Verwaltungs-
behörden und der Verwaltungsgerichte über die historischen Pri-
vatrechtstitel beruht. Namentlich der einen rechtsverletzenden
Oberflächlichkeit begegnet man nicht selten, dass die Gemeinde
der Neuzeit bei Gleichheit des Namens einfach der alten Mark
substituirt, und dass auf die zu beurtheilenden Rechtsverhältnisse
die Bestimmungen des jetzt geltenden Privatrechts über-
tragen werden. Ungeachtet die neuen Pflichtenordnungen nur
„bestehende Verpflichtungen“ aufrecht erhalten wollen und die
Frage des Fortbestandes eines Rechtsverhältnisses bis zum Zeit-
punkt des Erlasses der neuen Ordnung nur auf Grund des älteren
Rechtes entschieden werden kann, wird der Erörterung dieses
Fortbestandes gar kein Raum gewährt. Man thut dies mittels
einer bequemen Berufung auf eine vorgefundene Observanz. Wo
aber die Entstehung eines auf publicistische Zwecke gerichteten
Rechtsverhältnisses durch rechtsgeschäftliche Handlungen
ganz klar zu Tage liegt, wie bei dem Vorliegen von Urkunden
über Verträge, einseitige Verfügungen, dort darf die Erörterung
über dıe Fortdauer derselben, über die Identität der bei den-
selben Betheiligten mit den im Streite Verfangenen um so weniger
mit Berufung auf Observanzen abgeschnitten werden, als die noch
nicht lange hinter uns liegende absolutistische Epoche keine
Möglichkeit bot, mit der Bestreitung einer Observanz gegen die
höchsten Verwaltungsbehörden aufzukommen. Es ist vorgekommen,
Archiv für Öffentliches Recht. IX. 3. 23