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noch während des Bestandes seiner Landeshoheit fällig geworden
sind; denn es handelt sich hier um Ansprüche des nicht mehr
bestehenden Fiscus und nicht um Privatforderungen des ge-
wesenen Landesherrn. Zahlungen solcher Abgaben an einen
Mediatisirten können, wenn sie im Irrthum über die nicht mehr
bestehende Leistungspflicht geleistet wurden, vor dem Civilrichter
condicirt werden, ganz wie sonst Zahlungen, die an einen Privat-
mann geleistet werden unter dem Einflusse des Irrthums, als
ob damit eine öffentliche Abgabenpflicht getilgt würde. Belässt
jedoch der mediätisirende Staat dem Mediatisirten aus billiger
Sehonung noch die vor der Mediatisirung fällig gewordenen Ab-
gaben, so entbehren diese Abgabenforderungen demungeachtet
mit dem Wegfall des hoheitlichen Verhältnisses und des ur-
sprünglichen Zweckes jeder publicistischen Bedeutung, sie sind
zu blossen Privatforderungen des Mediatisirten geworden; es
ist, um mit den Juristen des französischen Verwaltungsrechtes
zu sprechen, ein declassement de matiere eingetreten.
II. Ueber gemeinsame und verwandte Begriffe und Rechts-
Institute des privaten und des öffentlichen Rechts.
Mit dem Ausdrucke „partie honteuse des Verwaltungsrechts‘
bezeichnet LEMAYER?) den Stand der wissenschaftlichen Kritik des
Begriffs des Privatrechtstitels im öffentlichen Recht. Es ist bisher
gezeigt worden, dass dieser Ausdruck Verwendung findet für That-
bestände, welche sich zumeist in der Zeit der privatrechtlichen
(Gestaltung der Verwaltung ereignet hatten, und deren Wirkungen
die absolutistische und die ihr nachfolgende constitutionelle Epoche
als öffentlich rechtliche aufrecht erhielt. Dem Beispiele diese
vergangenen Zeit folgend haben die modernen Gesetzgebungen
unter Umständen aus solchen Thatbeständen die gleichen Wirk-
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9) Grünnur’s Zeitschrift Bd. VIII 8. 762.