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gekommen. Allein das pandektistische System des Privatrechts
bietet fast nach allen Richtungen Anknüpfungspunkte für den
Nachweis des Vorkommens gleicher oder ähnlicher Rechtsbegriffe
oder den gleichen Zweck verfolgende Rechtsinstitute auf dem
Gebiete des öffentlichen Rechts, Dies und der modificirende Ein-
fluss des öffentlichen Rechts auf den Inhalt bestimmter zunächst
auf dem Gebiete des Privatrechts ausgebildeter Rechtsbegriffe
und Rechtsinstitute soll in Folgendem gezeigt werden.
a) Allgemeiner Theil.
Handlungsfähigkeit. Die Handlungsfähigkeit bildet die
Voraussetzung für die Entstehung öffentlicher Pflichten durch
Erklärung des Verpflichteten, für den freiwilligen Eintritt in
publicistische Rechtsverhältnisse, aus welchen für den Eintreten-
den öffentliche Pflichten entstehen können, endlich für die Aus-
übung bestimmter öffentlich-rechtlicher Befugnisse, deren zweck-
mässige Ausübung nur dem Willensreifen zugemuthet werden
kann. Dadurch ist der Anlass für das Rechtsinstitut der ge-
botenen Stellvertretung der Ergänzung des Mangels der Hand-
lungsfähigkeit durch handlungsfähige Personen auch auf dem Ge-
biete des öffentlichen Rechts gegeben. Darum finden wir hier das
Erforderniss der vormundschaftsbehördlichen Zustimmung zum
freiwilligen Eintritt eines Minderjährigen in das stehende Heer,
zum Erwerb der Staatsbürgerschaft, zum Antritt eines Gewerbes;
darum erfolgt die Ausübung des Wahlrechts in die Gemeindever-
tretung und in die legislativen Körperschaften durch den Vor-
mund, soweit ein solches Recht dem Minderjährigen kraft seiner
Steuerleistung oder seines Grundbesitzes zukommt. Hie und da
kennt das öffentliche Recht auch noch geminderte Handlungs-
fähigkeit, so zwar, dass bestimmte Befugnisse allerdings nach dem
Willen des Befugten ausgeübt werden können, aber nur durch
Stellvertreter. Der Befugte ist von der unmittelbaren Ausübung
ausgeschlossen. Als Beispiele verdienen Erwähnung das Wahl-