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Verwaltungsact kraft gesetzlicher Vorschrift ein Verfahren vor-
herzugehen hat, welches mit allen möglichen Cautelen zur Ver-
hütung der Verfehlung des Verwaltungszweckes versehen ist, und
dass das Verfahren mit Entscheidung zu enden habe, begründet
noch nicht die Folgerung, dass ein dennoch eintretender Missgriff auf
Gefahr des in einem öffentlichen Interesse rechtswidrig verletzten
Staates gehe. |
Wenn deshalb die österr. Gewerbeordnung ($ 57 arg. e con-
trario) ein falsches Urtheil über die Verlässlichkeit eines Gewerbe-
treibenden als unschädlich erklärt, zu Gunsten dessen, dem dieser
Irrthumzu statten kommt, so darf diese positivrechtliche Bestimmung
durchaus nicht analog angewendet werden auf den Fall des Irr-
thums über die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Betriebs-
anlage. Desgleichen wäre es verfehlt den $ 15 der mährischen
Bauordnung ??), wonach eine ertheilte Baubewilligung nur aus
wichtigen der Bewilligung nachgefolgten Rücksichten des
öffentlichen Interesse und selbst dann nur vorbehaltlich der
Entschädigung des Bauherrn zurückgenommen werden kann, als
Ausfluss eines allgemeinen giltigen Rechtssatzes zu behandeln,
der auch ohne diese Bestimmung zur Geltung zu gelangen hätte.
Muss doch selbst die Bestimmung des cit. $ 15 die wichtige Ein-
schränkung dulden, dass die Baubewilligung nicht nur zurückge-
nommen werden darf, sondern zurückgenommen werden muss,
wenn das Fortbestehenlassen eines durch den bewilligten Bau hervor-
gerufenen gemeingefährlichen Zustandes zu einem delictischen Er-
folge führen oder selbst ohne solchen ein Delikt bilden würde
($$ 335 und 431 des österr. Strafgesetzes).. In Fällen dieser Art
bildet die Zurücknahme der Bewilligung nicht etwa einen Act
zwischen Verfügung und Entscheidung scharf zum Bewusstsein bringen, ehe
man daran gehen kann, an denselben praktisch so wichtige Folgen zu knüpfen.
Dass Gesetz und Praxis diesfalls noch keinen sicheren Sprachgebrauch her-
ausgebildet haben, zeigt BERNATZIK selbst a. a. O. 8. 7, 13, 79.
23) MAYRHOFER, Bd. 2 S. 830 Anm. 8.