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der Staatsnoth sondern Aufrechterhaltung einer unter strafrecht-
liche Sanction gestellten Norm. Zu einer Präclusion sicherheits-
polizeilicher Interessen wird sich der Gesetzgeber wohl nur schwer
entschliessen?*). Höchst fraglich ist, ob in den hier besprochenen
Fällen für die Sanirung der nachtheiligen Wirkungen der Cassation
gesetzwidriger Entscheidungen und Verfügungen der Behörden
auf das Vermögen derjenigen, gegen welche die Cassation gerichtet
ist, die Festsetzung einer ausreichenden und prompt realisirbaren
Haftung des Staates und seiner Beamten für fehlerhaftes
Functioniren bei Bestimmung der Rechtssphäre des Einzelnen,
ein besserer Ausweg sei als die Anerkennung der res judicata,
um dem Einzelnen Rechtssicherheit zu gewähren? Vom finanziellen
Standpunkte wäre allerdings der erste Ausweg für den Staat der
billigere, sofern er es ermöglicht, die Frage der bona fides oder
der Mitschuld des den Ersatz Beanspruchenden zu erörtern),
während der Standpunkt eines durch rechtswidrige Preisgebung
staatlicher Interessen wohlerworbenen, nur mittels eines um-
ständlichen Expropriationsverfahrens aufhebbaren Rechtes dieser
gebotenen Rücksicht keine Rechnung trägt. Allein leicht könnte
hier die Haftpflicht des Staates und der Beamten für den Schaden
aus der Zurücknahme einer fehlerhaft ertheilten Bewilligung
einer Gewerbsanlage eine solche Befangenheit der Gewerbe-
behörden herbeiführen, dass die Erlangung einer solchen Bewillig-
24) Dies ist auch der Standpunkt der österr. Gewerbeordnung, welche
im $ 74 den Gewerbsinhaber ohne Rücksicht auf eine etwa vorliegende Ge-
nehmigung der Betriebsanlage verpflichtet, die Arbeiteräume möglichst, also
nach dem jeweiligen Stande der Technik, leicht, rein und staubfrei
zu erhalten, und von den Behörden anstandslos auf längst consentirte Be-
triebsanlagen angewendet wird. Um mit UNGER zu sprechen, wer ein Ge-
werbe betreibt, handelt auch insofern auf seine Gefahr, als er sich jederzeit
Aufträgen fügen muss, welche dem Schutze der Arbeiter im Sinne der Art.
74 G.O. zu dienen haben, und die Kosten der Ausführung dieser Aufträge zu
tragen hat.
25) Vgl. auch die in F. F. Mayer’s Grundsätze des Verwaltungsrechts
8. 143 citirte Entscheidung des württembergischen Geheimraths.