— 366 —
mitglieder kein formaler Anspruch auf Annalıme einer Beschwerde
nach Ablauf der gesetzlichen Frist.
Kommt weder ein öffentliches Interesse noch die Rücksicht
auf die Rechtssphäre dritter Personen in Betracht, dann erscheint
die Anschauung von der Verbindlichkeit der falschen Rechts-
belehrung zu Gunsten desjenigen, an den sie sich richtet, dis-
cutabel.e. Wären aber in einem solchen Falle materielle oder
processuale Rechte dritter Personen zu berücksichtigen, so müsste,
ungeachtet das öffentliche Interesse eine rechtswidrige Ver-
längerung der Beschwerdefrist gestattet, die falsche Rechtsbe-
lehrung jede begünstigende Wirkung einbüssen, wenn sie von
der durch die Verlängerung benachtheiligten, in ihrem formellen
oder materiellen Anspruche verletzten Partei rechtzeitig ange-
fochten wird. Man denke an den Fall, dass die Frist zur An-
fechtung der Verweigerung einer Gasthausconcession zu Gunsten
des Gesuchstellers und zum Nachtheil der nach österr. Gewerbe-
recht zum Einspruche gegen die Concessionsgewährung befugten
Gemeinde länger, als zulässig, angegeben wäre. Indess hat man es
hier mit höchst unsicheren Sätzen zu thun, mit welchen sich die Judi-
catur dort behelfen muss, wo diese ganze Frage, wie es jedenfalls
zweckmässiger ist, nicht durch Gesetz selbst geregelt erscheint.
Was irrthümlich erfolgte Hebungen und Leistungen von
öffentlichen Abgaben anbelangt, so können diese Abgaben nicht
als indebite geleistet condicirt werden, wenn die Hebung und
Leistung entsprechend dem Inhalte einer behördlichen Ent-
scheidung oder Verfügung erfolgt und die gesetzliche Frist
zur Anfechtung der Entscheidung oder Verfügung unbenutzt ver-
strichen ist.
Die Versäumung der Anfechtungsfrist schneidet den Rück-
forderungsanspruch ein für allemal ab, in welcher Form immer
derselbe geltend gemacht werden wollte. Derselbe kann auch
dann nicht erhoben werden, wenn sich die Auffassung der Praxis
über die gesetzlichen Voraussetzungen einer Hebung zu Gunsten des