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nommen, dass eine in ihrem Beginne durch Irrthum hervorge-
rufene Uebung die Annahme eines ihr entsprechenden wirklichen
Gewohnheitsrechts zu rechtfertigen vermöge, wenn die Uebung
auch nach Bekanntwerden des sie veranlassenden Rechtsirrthums
gleichmässig durch längere Zeit fortgesetzt werde und sich da-
durch als Ausdruck einer allgemeinen Rechtsüberzeugung der
Betheiligten zu erkennen gebe, oder wenn sie ohne Nachweisbar-
keit des Irrthums durch langjährige, Generationen umfassende
Befolgung zu einer derartigen Rechtsüberzeugung geführt habe.
Allein es handelt sich in Fällen der obenerwähnten Art nicht um
die Anerkennung einer Rechtsüberzeugung, sondern um die Hint-
anhaltung von Uebelständen, welche mit der Herbeiführung des
rechtmässigen Zustandes verbunden wären. Namentlich, wo
auf Grund vorgefundener Uebung Concurrenzpflichten als fort-
bestehend angenommen werden, ist die Zahl der Verpflichteten
viel zu unbedeutend (mitunter handelt es sich um zwei Gemein-
den oder etwa um zwei Grundbesitzer), um von einem aus der
Ueberzeugung der Rechtsgenossen herausgewachsenen Rechte spre-
chen zu können; andererseits wird gerade der Umstand, dass das
Bestehende der Rechtsüberzeugung eines Theiles der durch die
Uebung Belasteten nicht entspricht, dazu führen, dass sie nach
dem rechtlichen Entstehungsgrunde derselben forschen und, wenn
sie einen rechtswidrigen finden, die Uebung anfechten. Wir haben
es vielmehr mit dem Satze zu thun: ‚Eine bestimmte Uebung,
deren Aufhebung das öffentliche Interesse schädigen würde — und
es wird dies in der Regel eine alte Uebung sein — entzieht sich
der Anfechtung durch die Belasteten aus dem Grunde ihrer
rechtswidrigen Entstehung“. So erklärt der österreichische
Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung No. 1032 den Be-
stand des St. Pöltener Wehrverbandes und dessen Befugniss, Um-
lagen von den Genossenschaftern einzuheben, als der Discussion
entzogen, weil er seit sehr langer Zeit bestehe und von den Be-
hörden stets als rechtsbeständig anerkannt worden sei. Es ist das