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(zesetze von 1868 nachgebildete österreichische Gesetz von 1873,
welches auch bei der Zulassung der beschränkten Haftpflicht die
persönliche Haftung aufrecht erhält — nur beschränkt —
und damit in dieser Beziehung wenigstens dem Wesen der
Personalgenossenschaft gerecht wird.
Die Grundlage der Genossenschaft wird selhr treffend von
HiLDEBRAND !) mit den Worten gezeichnet: „Es gibt nicht nur einen
Credit für den, der etwas hat, sondern auch für den, der etwas ist.
Auch die sittlichen Eigenschaften des Menschen können den
Credit begründenund dem Verkäufer oder Verleiher alshinreichende
Bürgschaft für die Wiedererstattung seiner Werthe gelten. Es
kann ein Umsatz im Vertrauen auf künftige Leistungen eines
Menschen stattfinden. Wird dieser persönliche oder moralische
Credit ausgebildet und durch Bank- oder Creditinstitute realisirt,
so hört das Monopol der Capitalisten, die Kluft zwischen Eigen-
thümer und Nichteigenthümer auf. Der moralische Werth des
Menschen erhält die Kraft des Capitals.“ Die persönliche Tüchtigkeit
der Mitglieder bildet also — und in der ersten Zeit nach der
Gründung fast allein — den grössten Theil der Creditbasis der Ge-
nossenschaft, durch welche die Mitglieder sich zu Capitalisten em-
porarbeiten wollen. Die Capitalbetheiligung der Mitglieder, deren
grosse Bedeutungauch für den Credit der Genossenschaft gewissnicht
zu verkennen ist, dient erst dem gedachten Zweck, sieist im Uebrigen
nur eine sich aus der persönlichen Mitgliedschaft ergebende Folge.
Und es erscheint daher verfehlt die Genossenschaften den Capital-
gesellschaften?) zuzurechnen, mit denen sie nur die Organisation
1) Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik II S. 22.
2) Dies geschieht von EnDEMANN, insbes. auch von SCHÄFFLE, denen
sich v. SICHERER anschliesst („die Genossenschaftsgesetzgebung* 1872 S. 98
Anm 24), vgl. dagegen die trefflichen Ausführungen von GIERKE „das deutsche
Genossenschaftsrecht“ I S. 1031, 1104 (insbes. gegen ExDEMANN in HILDEBRAND'’s
Jahrbuch IS. 489 ff. Mit Unrecht sieht neuerdings wieder SCHMOLLER in seinem
„Jahrbuch“ 1894 S. 277 in den Genossenschaften „Capitalgenossenschaften ‘ weil
sie auf die Bildung des Reservefonds und der Stammantheile Werth legen, er