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trahenten sich wechselseitig das Recht der Ausfuhrverbote reser-
viren und wird damit zugleich zu dem Ergebniss gelangen, dass
dieAnwendung des Ausfuhrverbotes in Ansehungaaller
anderen Artikel dem Wortlaut und zugleich auch dem
Geiste der Vereinbarung widerspricht.
Dass die Ausfuhr von Heu, frischen und getrockneten Futter-
kräutern, Stroh und Häcksel aus „Gesundheitspolizeirücksichten“
im Sinne des Art. 1b erfolgt sei, der Gedanke wird vielleicht
jetzt wort- und weltkundige Vertreter, aber wenig Gläubige finden.
Ein derartiges Spielen mit dem Wortlaut staatlicher Anordnungen
könnte selbstverständlich den Respect vor diesen und vor den zu
ihrer Durchführung berufenen Personen nicht gerade erhöhen;
es könnte nur dazu beitragen, das ohnehin stetig vorhandene
Misstrauen gegen die Wirksamkeit völkerrechtlicher Abmachungen,
die den Reichthum unseres modernen Culturlebens ausmachen,
noch entschieden zu steigern. Das Auskunftsmittel wäre auch
offenbar gefährlich, denn auf dem Umwege liesse sich einfach der
ganze Artikel 1 mit seiner im Interesse des Verkehrs gewollten
einengenden Tendenz hinwegescamotiren, da schlechthin jedes
Object, Roh- oder Kunstproduct, gewaltsam unter diese Rubrik
gebracht werden könnte. In der Staatenpraxis erweitert sich zwar
der Kreis von Massregeln und sachlichen Anordnungen von Tag
zu Tag, die im Interesse der verwaltungsrechtlichen Pflege der
Gesundheitspolizei getroffen werden, allein auch die weiteste Wort-
erklärung wird nicht bis zu dem Punkte vordringen können, zu
behaupten, dass die im $ 1 der Kais. Verordng. v. 4. Juli 1893 an-
geführten Streu- und Futtermittel aus sanitätspolizeilichen
Gründen nicht über die Grenze ins Ausland geführt werden dürfen?).
Der Grund der von der Reichsregierung getroffenen Beschränkung
5) Der unter gleichem Datum ebenfalls in Wien abgeschlossene Handels-
vertrag zwischen Oesterreich und der Schweiz präcisirt die in Betracht kom-
ınenden Ausnahmefälle schärfer und kann daher hier als Interpretationsbehelf