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ten zur Verfolgung ihrer wirthschaftlichen Zwecke zugänglich
zu machen, so dass in ihr nöthigenfalls eine Genossenschaft mit
beschränkter Haftpflicht gefunden werden konnte. Alle diese damals
massgebenden Erwägungen finden heute kaum irgendwo noch die
gebührende Beachtung. Man glaubt in der Thatsache, dass das
Genossenschaftsgesetz von 1889 Genossenschaften mit beschränkter
Haftpflicht zugelassen hat, eine Widerlegung der früheren Ansicht
von SCHULZE und der Genossenschafter zu sehen.
Dieses ist aber eine unrichtige Schlussfolgerung. Mit vollem
Recht konnte ScuuLze auf einem Allgemeinen Vereinstage seines
Genossenschaftsverbandes sagen: „So ist unsere Genossenschafts-
gesetzgebung lediglich aus den Kreisen sachverständiger Genossen-
schafter heraus entstanden“. Und man sollte meinen, dass die-
jenigen, für welche ein Gesetz bestimmt ist, am besten wissen,
was sie brauchen.
So ergibt sich denn, dass die Frage der Zulassung der be-
schränkten Haftpflicht wesentlich wirthschaftlicher Natur war
und ist, dass allgemein die Nothwendigkeit derpersönlichen
Haftpflicht für die Genossenschaften anerkannt wurde, und dass
auch der Juristentag von 1869 eine Beschränkung der Haftpflicht
unter Beibehalt der persönlichen Haftpflicht noch durchaus nicht
klar erkannt?*) hatte, denn der aufgestellte Grundsatz für die be-
schränkte Haftpflicht ging auf eine Beschränkung auf ein ‚„bestimm-
tes und bekanntes Minimalcapital“ Richtiger hat zuerst das österr.
Gesetz von 1873 die beschränkte Haftpflicht mit der Bestimmung
aufgestellt ($ 76): ‚Jedes Mitglied einer mit beschränkter Haftung
errichteten Genossenschaft haftet... insofern der Gesellschaftsver-
trag nicht einen höheren Haftungsbetrag festsetzt, nicht nur mit seinen
Geschäftsantheilen, sondern auch noch mit einem weiteren
Betrag in der Höhe derselben“. Der Entwurf des Gesetzes
22) Krst in der ausgezeichneten Schrift „Erwerbs- und Wirthschaftsge-
nossenschaft. Studien und Vorschläge“ hat GOLDSCHMIDT seine Vorschläge
vom Juristentag (1869) erläutert und ergänzt.