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aber es beweist, was von den Genossenschaftern stets behauptet
ist, dass die unbeschränkte Haftpflicht keineswegs der schwer-
wiegendste Hinderungsgrund für die weitere Ausbreitung des
Genossenschaftswesens gewesen ist; ein viel grösseres Hinderniss
hat die wirthschaftliche Richtung in den letzten 15 Jahren ge-
boten, die der Entwicklung von auf Selbsthilfe beruhenden Ge-
nossenschaften ganz gewiss nicht förderlich war. Wo man nach
Staatshilfe und Staatsunterstützung begehrt, ist man nicht ge-
willt auf dem Boden der Selbsthilfe die wirthschaftliche Lage zu
verbessern. Seit kurzer Zeit scheint eine Wendung zum Besseren
in dieser Beziehung eingetreten zu sein und das Interesse für
die Genossenschaften erwacht auch in dem Handwerkerstande,
für welchen dieselben eine Existenzfrage geworden sind. Da ist
nun aber ein neues Hinderniss in Gestalt der Agitation gegen die
Consumvereing entstanden, welche einen bedenklichen Umfang
bereits angenommen hat und droht das ganze Genossenschafts-
wesen in Verwirrung zu bringen. Diese Agitation dehnt sich
auch bereits gegen die eigentlichen Handwerkergenossenschaften, die
Rohstofivereine u. s. w. aus, selbst gegen Creditgenossenschaf-
ten werden schon Stimmen laut! Es macht sich eine traurige
Interessenpolitik auch auf diesem gewiss neutralen Gebiete be-
merkbar. Gelingt es dieser Strömungen Herr zu werden, dann
wird auch hier die beschränkte Haftpflicht in ihre Rechte treten,
denn sie ist überall da geeignet für die Ausbreitung von Ge-
nossenschaften, wo diese auf Credit nur geringen Anspruch
erheben.
Für die industriellen Productivgenossenschaften ist die Zu-
lassung der beschränkten Haftpflicht anscheinend nicht ohne Be-
deutung geblieben, doch die Zahl verliert an Werth, wenn man
auf ihre Entstehung zurückgeht; darunter befinden sich nämlich
allein 21 Bäckereien, das sind aber nicht. Productivgenossen-
schaften im eigentlichen Sinne also von und für Bäcker gebildete
Genossenschaften, sondern Vereine von Consumenten gegründet,