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Syndicus Dr. LanperAr in Mannheim, dem Verfasser eines früher,
1887 erschienenen, mit besonderer Rücksicht aufdie Rheinschiffahrt
abgefassten verdienstvollen Entwurfs, neuerdings im Selbstverlag
des Verfassers veröffentlicht worden.
Der hier zu besprechende Entwurf eines Reichsgesetzes kenn-
zeichnet sich vor allem durch sein Bestreben, die bewährten Grund-
sätze des Handelsgesetzbuches über den Seehandel auf die Binnen-
schiffahrt zu übertragen, soweit deren besondere Verhältnisse dies
zulassen. Auch äusserlich wird das dadurch zu erkennen gegeben,
dass zu den einzelnen Paragraphen auf die entsprechenden Artikel
des Handelsgesetzbuches verwiesen wird.
Hier drängt sich sofort die Frage auf, ob es richtig ist, see-
rechtliche Grundsätze und Einzelbestimmungen des Handelsgesetz-
buchs auf die Binnenschiffahrt zu übertragen, wenn ihre Beibe-
haltung bei einer künftigen Revision des Handelsgesetzbuchs
zweifelhaft sein kann. Auf der einen Seite lässt sich sagen, dass
wenn einmal die für die Seeschiffahrt geltenden Bestimmungen auf
die Binnenschiffahrt übertragen werden sollen, dies nur die jetzt
nach dem Handelsgesetzbuch massgebenden Bestimmungen sein
können, während man auf der anderen Seite die Befürchtung aus-
sprechen hört, dass die erwünschte Aenderung von Sätzen des
Handelsgesetzbuchs dadurch erschwert werden könnte, dass sie im
Binnenschiffahrtsgesetz von Neuem sanctionirt werden. Da
indessen das Binnenschiffahrts-Gesetz eine völlig selbständige
Ordnung der Verhältnisse der Binnenschiffahrt bezweckt, so
wäre es nicht rathsam, dem Gesetzgeber in seiner freien Beweg-
ung zu hindern durch Rücksichtnahme auf das geltende Seerecht
oder auf eine spätere, einstweilen noch nicht in Frage stehende
Aenderung des seerechtlichen Theils des Handelsgesetzbuchs.
Man sollte sich deshalb beim Aufbau des Binnenschiffahrtsgesetzes
ausschliesslich von den Bedürfnissen des Binnenschiffahrtsverkehrs
leiten lassen.
In dieser Beziehung ist die Entscheidung über den Umfang
der Haftpflicht des Frachtführers bei Weitem die wichtigste. Zur
Zeit trägt der Frachtführer nach H.G.B. Art. 395 die volle
schwere Haftung aus dem receptum, seine Haftung ist sogar