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den freien Willen des Verpflichteten begründet werden können,
ist eine überaus schwierige. Wo ausdrückliche gesetzliche Be-
stimmungen auf die Zulässigkeit einer solchen Selbstbelastung
hinweisen, wie das in den Normen über die Herstellung und Er-
haltung von Strassen, Brücken, Wasseranlagen, Schulen°°) der
Fall ist, dort ist man der Nothwendigkeit einer Discussion enthoben.
Allein bei sorgfältiger Verfolgung der verwaltungsgerichtlichen
Praxis wird man gewahren, dass dieselbe im Begriffe ist, ein Ge-
wohnheitsrecht praeter legem in Betreff solcher Selbstverpflichtun-
gen anzuerkennen oder selbst herauszubilden. Hier ergibt sich nun
die Schwierigkeit zu verhüten, dass aus dem Rechte praeter legem
nicht ein solches contra legem werde. Man wird sich deshalb aus-
sprechen müssen gegen die Wirksamkeit einer solchen freiwilligen
Uebernahme einer als öffentlich gedachten Pflicht, durch welche die
Zahl der polizeilich zu genehmigenden oder auch nur zur behörd-
lichen Anzeige zu bringenden Handlungen über die gesetzliche Grenze
ausgedehnt, oder die Kompetenz der Verwaltungsbehörden gegenüber
jener der Gerichte verschoben werden soll. Aus dem ersteren
Grunde hat das preussische Oberverwaltungsgericht laut der Ent-
scheidung No. 52, Bd. XXIII die Verpflichtung, welche von dem
Eigenthümer eines von bedenklichen Personen als Unterschlupf
benützten Hauses freiwillig übernommen und in’s Grundbuch ein-
getragen worden war, des Inhalts, dass er die Genehmigung der
Polizeibehörde vor jeder Vermiethung einholen werde, für unwirk-
sam erklärt. Aus dem letzteren Grunde wurde durch eine Reihe
älterer Bestimmungen des österr. Rechts der Erklärung des Ver-
zichts auf den Rechtsweg seitens des mit dem Staate privatrecht-
liche Verträge Abschliessenden bindende Wirkung aberkannt.
#) N.-ö. Ges. vom 18. Dezember 1871 No. 45 L.-G.-Bl. $ 2: „Wenn in
Zukunft derlei Zahlungen oder sonstige Leistungen (an Öffentliche Volks-
schulen) aus freiem Willen der bisherigen Verpflichteten ... . erfolgen, so
hat der betreffende Bezirksschulrath auf Verlangen des Abstatters demselben
schriftlich zu ' bestätigen, dass diese Zahlung oder Leistung freiwillig ge-
schehen sei.“