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nicht einräumen, dass über das Verordnungsrecht in Zollsachen
nach deutschem Reichsrecht eine ausdrückliche, verfassungsrechtlich
bestimmte Formvorschrift überhaupt nicht besteht!!), Auch der
Hinweis auf $ 2 des Vereinszollgesetzes vom 1. Juli 1869 ent-
kräftet nicht unsern Widerspruch gegen die verfassungsrechtliche
Ungiltigkeit des Ausfuhrverbotes vom 4. Juli 1893. Die bezeich-
nete Gesetzesstelle bildet den Specialtitel, um zeitweise für ein-
zelne Gegenstände beim Eintritt ausserordentlicher Umstände oder
zur Abwehr gefährlicher ansteckender Krankheiten oder aus son-
stigen gesundheits- oder sanitätspolizeilichen Rücksichten die Aus-
fuhr für den ganzen Umfang oder einen Theil des Vereinsgebietes
zu verbieten. Vorausgesetzt ist aber dabei immer, dass das Reich
in Ansehung der Ein- oder Ausfuhr der seiner freien und aus-
schliesslichen Zollgesetzgebung unterstehenden Gegenstände nicht
anderwärts bindende Normen aufgestellt, bindende Vereinbarungen
getroffen hat. In diesem Falle gehen die letzteren vor, vermöge
der Grundlehre von der zeitlichen Wirksamkeit späterer Gesetze
gegenüber älteren Rechtsnormen gleichen oder niedrigeren Rang-
grades.
IV. Wir haben im Vorstehenden das Ausfuhrverbot vom
14. Juli 1893 auf seine typisch-formalen Merkmale hin geprüft
und die Bedenken der herrschenden Lehre gegen die in der Ver-
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vom 7. Juli 1877 (a. a. O. S. 547) vom 25. Januar 1887 (a. a. O0. S. 5) u. a.
ihre Rechtskraft stützen.
Fassen wir die Gegensätze scharf zusammen so, gewinnen wir das Er-
gebniss: Es bedurfte im Kriegsjahre zu Ausfuhrverboten der Zustimmung des
Bundesrathes nicht und in Friedenszeiten ist die Zustimmung des Bundes-
rathes zu einem Ausfuhrverbote, dem, wie im vorliegenden Falle, an-
dere gesetzliche Willensbindungen des Reiches entgegenstehen, nicht aus-
reichend.
11) Es ist Zorn unbedenklich beizustimmen, wenn er die Publication
der Zollverordnungen nach deutschem Recht als eine äusserst ungeregelte und
bedenkliche bezeichnet. Reichsstaatsrecht II. Bd. S. 247.