— 510 —
erscheint auch die Bestimmung des Privatrechts über die Unwirk-
samkeit von Verträgen zu Gunsten Dritter auf öffentlich-rechtliche
Verträge nicht anwendbar. Desgleichen nicht jene über die Anfecht-
barkeit wegen laesio enormis. Um so mehr wird die Unverwendbar-
keit aller solchen privatrechtlichen Bestimmungen behauptet werden
müssen, welche sich nicht als Consequenzen des Wesens des Ver-
trages oder einer sittlichen Forderung ergeben, sondern gesetzgebe-
rischer Willkür entspringen, soferne sie sich den durch solche Ver-
träge angestrebten öffentlichen Zwecken feindlich erweisen. Dagegen
steht die Anwendbarkeit aller jener privatrechtlichen Bestimmungen,
über Verträge, welche aus dem Wesen derselben als erklärter auf die
Bewirkung bestimmter rechtlicher Folge gerichteter Willenseini-
gungen verschiedener Personen hervorgehen, in Theorie und Praxis
fest. So verlangt Renum°?), dass die auf die Uebernahme einer
öffentlichen Verpflichtung gerichtete Erklärung im richtigen Be-
wusstsein von der Lage der Dinge, in ernstlicher Absicht und mit
dem freien Entschlusse, eine rechtliche Wirkung hervorzurufen,
abgegeben sei. Beispiele aus der Praxis sind überaus zahlreich.
Bupwissk1 Nr. 1219: „Die Documente, aus welchen abgeleitet
werden will, dass die Gemeinde Smichow die Erhaltung der Eisen-
bahnzufahrtsstrasse übernommen habe, enthalten entweder nur Zu-
sicherungen des Smichower Stadtrathes auf Uebernahme der Zufahrts-
strasse hinwirken zu wollen, oder allgemeine Zusicherungen.“
Nr. 4109: „Die Erklärung einer Partei, den nach Massgabe
der Steuer auf sie entfallenden Betrag zu den Bedürfnissen eines
Kirchenbaues beizutragen, kann als Verpflichtungstitel nicht an-
gesehen werden. Diese Erklärung enthält nicht ausdrücklich und
deutlich die Uebernahme einer Leistung, sondern verträgt auch
die Auslegung, dass der Convent, insoweit ihm eine Verpflichtung
nach Massgabe der gesetzlichen Bestimmungen obläge, sie nach
den angegebenen Modalitäten tragen werde.“
. 5) Die rechtliche Natur des Staatsdienstes in den Hırrz#'schen Annalen,
‚Jahrg. 1885, S. 139.