Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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lichen Uebereinkommens. ‚Was ist Mein und was ist Dein‘ lässt 
sich nur noch mühsam auf Grund der langwierigen Vorverhand- 
lungen, der wechselseitigen Koncessionen nachträglich ermitteln und 
es würde dem Grundgedanken aller Vertragstreue widersprechen, 
wenn der eine Theil nach Abschluss des Vertrages berechtigt 
gelten sollte, den ihm günstigen Partien der Uebereinkunft fort- 
wirkende Geltung und Kraft beizulegen, deren Respectirung vom 
Gegner zu verlangen, während er selbst die ihm unbequemen oder 
belastenden durch einseitigen legislativren Act aufheben könnte. 
So wie ım vorliegenden Falle das Deutsche Reich sich über die recht- 
lichen Schranken hinwegsetzte, die der deutsch-österr. Handelsvertrag 
in Ansehung der Nichtanwendung des staatlichen Ausfuhrsver- 
botes aufstellte, ebenso könnte ja mit gleich zutreffendem juristi- 
schen Grunde Oesterreich-Ungarn etwa einen seinen inneren wirth- 
schaftlichen Verhältnissen abträglichen Tarifposten für die Einfuhr 
durch einseitigen Act, durch Loslösung von den Fesseln des Ver- 
trages nach Gutdünken modificiren. 
v. Aursess, ein genauer Kenner unseres deutschen Zoll- und 
Vertragsrechts, bezeichnet es als Zweck der Handelsverträge, „für 
den gegenseitigen Handel, Verkehr, Schifffahrts- und Gewerbe- 
betrieb der Angehörigen der vertragschliessenden Staaten be- 
stimmte Vorschriften zu vereinbaren. Durch die Handels- 
verträge geben die Staaten autonome Rechte auf und 
übernehmen Verpflichtungen, welche durch die selbst- 
ständige Gesetzgebung nicht bedingt sind“'2) 
Aus Literatur und Staatenpraxis lässt sich daher die These 
entnehmen, dass ein internationales Vertragsrecht nur unter der 
unerlässlichen Voraussetzung denkbar ist, dass die internationale 
Rechtsordnung als Rechtsordnung übergeordneter Natur nicht 
durch die einseitigen Gesetzgebungsacte der ihr eingegliederten 
  
12) Die Zölle und Steuern, sowie die vertragsmässigen auswärtigen Handels- 
beziehungen des deutschen Reiches, zum dritten Male bearbeitet in Hırra und 
SEYDEL Annalen des deutschen Reiches. Jahrg. 1886, S. 252.
	        
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