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Verfügung der Staatsgewalt, mag sie die Form des Gesetzes an-
nehmen oder nicht, verliehen wird wie sonst eine gewerbliche
Concession. Hier liegt gar kein Vertrag vor; der Staat con-
trahirt nicht mit dem Beliehenen, der Beliehene acceptirt nicht,
wenn er die Befugnisse aus der Concession ausübt, eine Offerte
des Staates, sondern wird durch die Ausübung und in Folge
dieser Ausübung von den normativen Bestimmungen der Conces-
sion so erfasst, wie von anderen Bestimmungen des objectiven
Rechts. Die Concession ist nicht Annahme eines Antrags des
Concessionswerbers, sondern Privilegium®). Darum die
Sanctionsclausel: „Indem wir Jedermann ernstlich verwar-
nen, den Bestimmungen dieser Concession entgegenzubaudeln,
ertheilen wir sämmtlichen Behörden, die es betrifft,
den gemessenen Befehl, über die Concession und die darin
enthaltenen Bestimmungen ernstlich zu wachen.“ Sonach ent-
springt die Ablösungsbefugniss des Staates aus keinem Ver-
trage, sondern ganz so wie die Befugnisse der Concessionirten
aus der Concession, als einem normativen Hoheitsacte des Staates.
Ihre Voraussetzung ist allerdings, dass der Concessionirte die
Concession erwerben will. Die Pression, die auf den Üoncessio-
nirten geübt wird, dass er die Befugniss sich zu eigen mache,
besteht regelmässig in der Festsetzung der Erlöschung der ÜUon-
cession, wenn der Bau der Bahn nicht binnen bestimmter Frist
vollendet ist. Mit dem ersten Schritt zur Ausführung des Pro-
jects unterstellt sich aber der Concessionirte den behördlichen
Verfügungen jener Behörden, welchen die staatliche Aufsicht über
Eisenbahnunternehmungen obliegt. Letzteres gilt aber auch dann,
62) Vgl. TEZNER in Geller’s Centralblatt für administrative Praxis a. a. O.
S. 724 ff. und in der Zeitschrift für Eisenbahnen und Dampfschiffahrt der
österr.-ungar. Monarchie, Jahrg. 1891; aus der neuesten Zeit die höchst inter-
essante Denkschrift LaBann’s über die Verstaatlichung der im Grossherzog-
thum Hessen gelegenen Strecken der hessischen Ludwigs-Eisenbahngesell-
schaft, gedruckt als Manuskript Mainz 1893, eine Polemik gegen ein Gut-
achten GEORG MEYER's über diesen Gegenstand.
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