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artikel einer ungeschriebenen Verfassung der Staatengesellschaft
darf unmöglich kleiner wirthschaftlicher Störungen wegen aus
dem Codex gerissen, seine sichere Geltung nicht vorübergehenden
Vortheils wegen erschüttert werden’).
V. Bringen wir das Problem der partiellen Suspension
völkerrechtlicher Verträge zum Abschluss, so drängt sich
naturgemäss noch die Frage auf nach der Wiederherstellung der
einseitig ausser Kraft gestellten Vertragsnorm. Auf den vorliegen-
den Fall angewandt: Wie wird das gegen den Art. 1 des deutsch-
österreichischen Handelsvertrages erlassene Ausfuhrverbot wieder
aufgehoben? Wie ist die Restitutio in integrum des Vertrages
denkbar? Durch einseitige Verordnung wohl kaum. Wie dann, wenn
der andere Staat nun seinerseits findet, dass die von Deutschland
ausgegangene Aufhebung des Art. 1 seinen Productionsverhält-
nissen weit günstiger als dessen Wiederherstellung sei? Die An-
nahme ist durchaus nicht unbegründet. Die österreichisch-ungarische
Regierung griff, wie es scheint, nur zögernd und nur zur Ab-
wehr gegen die von Deutschland ausgehende Action zur unge-
wöhnlichen Massnahme. Dies erklärt sich zum Theil auch daraus,
dass die einschlägigen öconomischen Verhältnisse wie im Deutschen
Reiche, so auch in der österr.-ungarischen Monarchie in den
13) Zu den technischen Schwierigkeiten, die der Abänderung des Rechtszu-
standes de norma entgegenstanden vergl. meine Untersuchung in v. STENGEL’sS
Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts, ad v. „Staatsverträge‘, S. 516
bis 528. Ich habe dort bereits.darauf aufmerksam gemacht, dass sämmt-
liche Verfassungen, welche wie die des Deutschen Reiches eine provisorische
Ausführung in Aussicht genonimener, der Zustimmung der Gesetzgebungs-
körper bedürftiger Verträge in dringenden Fällen nicht gestatten, aber auch
keine Massregel enthalten, welche der sogenannten Nothverordnung gleich
(Art 64 der preuss. Verfassung), die Activirung des Vertrages etwa unter
nachträglicher Genehmigung der Vertretungskörper ermöglichen, an einer
empfindlichen Lücke leiden. Je mehr sich der rasche Verkehr der modernen
Staaten inhaltlich und räumlich erweitern wird, umsomehr wird dieser Mangel
im Landes- wie im deutschen Reichsrecht sich fühlbar machen.