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Jung: von der Friedloslegung als principalem Zwangsmittel bis zu der die
Selbsthingabe in Schuldknechtschaft herbeiführenden Verfestung des Exequen-
den als subsidiärer, lediglich bei Vermögensmangel platzgreifender Executions-
art. Auf das Einzelne einzugehen, ist hier nicht der Raum. Nur beispiels-
halber sei auf den beachtenswerthen Vorschlag für die Interpretation der
stark umstrittenen Stellen lex Sal. 50. 51 Cap. I. 10 (S. 34—42) und auf
die interessanten Ausführungen über die burgundische Prozessbürgschaft und
ihre Folgeerscheinungen (S. 99—112) hingewiesen. Haben wir auch gerade
über den im vorliegenden Abschnitt bearbeiteten Stoff bereits treffliche Unter-
suchungen, so von SoHM, BRUNNER u. a., so fördert doch HorTEN unleugbar
unsere Erkenntnis. Um so beklagenswerther ist die Form, in welcher er
uns seine Gedanken darbietet. Sätze, die über 20 Zeilen lang sind, kommen
häufig vor; ein Satz auf S. 65 und 66 bringt es auf 37 Zeilen. Der Neben-
satz herrscht vor; Einschaltungen, welche die Uebersichtlichkeit hindern,
finden sich in Unzahl. Der Ausdruck ist geschraubt, reich an Phrasen und
überflüssigen, zum Theil falsch verwendeten Bildern (z. B. S. 92: „im Sinn
‚jener nicht viel fakelnden alten Rechtsauffassung“ ; S. 105: „die gar zu grelle
Hohlheit“; 8.57: „Um dieses Körnchen Kern aber muss die Begründung
des Chrene-Cruda-Verfahrens aus der Verwandtenliebe wohl recht verlegen
werden“), an manchen Stellen geradezu undeutsch (vgl. S. 55 Z. 16—18). Das
Ganze zeigt eine ermüdende Weitschweifigkeit. Es ist erklärlich, dass diese
Mängel auch die Klarheit der Ausführungen beeinträchtigen und die Geduld
des Lesers aufs Höchste anspannen. Druckfehler, wie Beethmann-Hollweg
und K. Löning (statt E. Löning), wirken, wenn sie ausnahmslos wiederkehren
recht störend.
Breslau. Dr. Alfred Schultze.
Zorn, Die staatsrechtliche Stellung des preussischen Gesammt-
ministeriums. 1892 (Sonderabzug aus der Festschrift für Konrad
von Maurer in München). Göttingen, Dieterich’sche Verlags-Buchhand-
lung, 1892.
Die Frage ist: bildet das preussische Gesammtministerium die oberste
collegiale Zentralbehörde der preussischen Staatsverwaltung, was bisher die
herrschende Meinung gewesen ist, oder sind lediglich einzelne einander gleich
gestellte Ressortminister vorhanden? Verf. schlägt den einzig richtigen Weg,
den rechtsgeschichtlichen, ein. Als es sich im Anfang dieses Jahrhunderts
um den Wiederaufbau des preussischen Staats, insbes. um die Reorganisation
der obersten Staatsverwaltung handelte, standen sich hinsichtlich der letzteren
zwei Anschauungen gegenüber: die StEin’sche, wornach an der Spitze der
-Staatsverwaltung das Staatsministerium als beschliessendes Kollegium stehen
sollte, und die HARDENBERG-ÄLTENSTEIN’sche, die die ganze Verwaltung in
Einem Minister gipfeln lassen wollte. In der Verordnung vom 24. November
1807 siegte zunächst die erstere Ansicht: die gesammte Verwaltung wird in