Full text: Archiv für öffentliches Recht.Neunter Band. (9)

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Seite hin begreift dies die Gegnerschaft gegen das bis jetzt meist noch 
geltende Princip der Mehrheitsherrschaft, indem er anerkennt, dass der Ge- 
sammtheit des durch die wahlfähigen Bürger vertretenen Volkes die Mit- 
wirkung bei der Gesetzgebung gebühre und nicht der blossen Mehrheit; er 
verwirft deshalb dasjenige Wahlprincip, welches der Hälfe plus Eins der Ab- 
stimmenden die Herrschaft zuspricht; nur erklärt er dessen bisher übliche 
Bezeichnung als das des absoluten Mehrs für falsch und benennt es „das 
Princip des Hälftenmehrs“. Mit Nachdruck bekämpft er deshalb auch ver- 
schiedene Ausführungen in dem bekannten Gutachten des Professors HıLTy, 
welches den Anhängern des Hergebrachten vielfach zum Hauptstützpunkt 
dient. Nach der positiven Seite hin verlangt er Mehrzahl-Wahlkreise, und 
dass in solchen die Gesammtstimmenzahl getheilt werde durch die um Eins 
vermehrte Zahl der Mandate; man müsse also, um gewählt zu sein, im 
Zweierkreise ein Drittheil, im Zehnerkreise ein Elftel der Stimmen haben. 
Er anerkennt dabei (S. 69), dass, je grösser die Zahl der zu Wählenden ist, 
desto besser die Vertretung die Anschauungen der Gesammtheit darstelle. 
Verfasser gefällt sich darin, die Bezeichnung des „absoluten Mehrs* auf dieses 
System zu übertragen. Uns will bedünken, als sei der Jurist hier allzusehr 
im Stiche gelassen worden vom Mathematiker. Denn wenn z.B. ®/ıı auf die 
Partei A, ®/ıı auf die Partei B und ’/ıı auf C entfallen in einem Zehnerkreise, 
so wird doch kein Mathematiker und kein Laie zugeben, dass Ü kraft eines 
„absoluten Mehrs“ ein Mandat erhalte. Was Verfasser will, ist sachlich die 
von den Proportionalisten erstrebte Proratavertheilung. Durch willkürliche 
Etiquettirung kann man an der Sache selbst nichts ändern. Wenn Dr. Kern 
die etwas verwickelt scheinenden Berechnungen von Viktor D’Honpr und 
HAsENBACH-BiIscHorF bekämpft, so übersieht er dabei, dass seine Berechnungs- 
art öfters im Stiche lässt. Nehmen wir z. B. einen Zehnerkreis mit 142 000 
Abstimmenden, so dass das Elftel 12 909 beträgt. 
1. Ergebniss; 
A : 77455 = 6 
B : 387277 = 
C:12909 -1 
D : 12909 = 1 
zusammen 11 
Hier hätten wir ein Mandat zu viel. 
2. Ergebniss. 
A : 87455 = 6 
B: 48727 -°3 
CC: 5818 = 0 
zusammen 9 
Hier hätten wir ein Mandat zu wenig.
	        
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