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Wer für alle Fälle ein sicheres Ergebniss erzielt wissen will, muss
sich zur belgischen oder HaseEngBacH’schen Berechnung verstehen. Aber wenn
der Verfasser auch auf halbem Wege stehen geblieben ist: seine Schrift ist
— in antiproportionalem Gewande — ein Mitkämpfer für die Verhältniss-
wahlen,
Freiburg i. Br. K. Gageur.
Eduard August Schroeder, Zur Reform des Irrenrechts. Sozialwissen-
schaftliche Rechtsuntersuchungen. Zürich und Leipzig 1891. Verlag
des Art. Instituts Orell Füssli. VIII u. 69 8.
Eine sog. „brennende“ Frage der Gesetzgebungspolitik wird in der vor-
liegenden Schrift behandelt, die gewissermassen einen kurzen Auszug aus
dem grösseren Werke desselben Verfassers: „Das Recht im Irrenwesen“ dar-
stellt.
Die in fünf mehr oder weniger selbständige Abschnitte zerfallende Ar-
beit sucht zunächst den „Rechtsbegriff des Irrsinns* zu ermitteln. — Be-
achtung verdient die Idee, dass nur gefährliche Irrsinnige wegen Geistes-
krankheit entmündigt werden sollen, für hülflose Irre aber in der Regel nur
mit ihrer Genehmigung Fürsorge getroffen werden soll. — Den Aerzten
will der Verfasser im Entmündigungsverfahren nur eine gegenüber ihrer
jetzigen Stellung verhältnissmässig untergeordnete Rolle zuweisen; sie sollen
niemals in positiver Richtung die Geisteskrankheit feststellen, sondern
ihr Urtheil soll nur negativ in der Richtung massgebend sein, dass eine
Geisteskrankheit nicht vorliegt. Die entscheidende thatsächliche Feststellung
soll nach Ansicht des Verfassers auf Grund von Zeugenaussagen durch G e-
schworene erfolgen.
Das polizeiliche Einschreiten gegenüber wirklichen oder vermeint-
lichen Geisteskranken will der Verfasser aufs Aeusserste beschränken und
insbesondere der Polizeibehörde die Befugniss entzogen wissen, auf das Ur-
theil eines einzigen Arztes hin die Unterbringung angeblich geisteskranker
Personen in eine Irrenanstalt anzuordnen. — Nur in Dringlichkeitsfällen sol
es der Polizei gestattet sein, Kranke jeder Art — also auch wirkliche oder
vermeintliche Geisteskranke — die nicht hülflos sind, höchstens 60 Stunden
lang in einem besonders einzurichtenden „Rettungshause“ gegen ihren Willen
zurückzubehalten. —
In einem besonderen (dem IV) Abschnitt sucht der Verfasser durch
Mittheilung einer Reihe von praktischen Fällen die Reformbedürftigkeit des
gegenwärtigen Rechtszustandes darzuthun.
Es lässt sich in der That nicht leugnen, dass den vom Verfasser mit-
getheilten Beispielen eine erhebliche Beweiskraft innewohnt, die geeignet ist,
das jetzt geltende Recht als reformbedürftig erscheinen zu lassen. — Ins-
besondere erscheint eine einheitliche Regelung und erhebliche Einschränkung
der polizeilichen Befugnisse auf dem Gebiete des Irrenwesens dringend