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grossen Theils der vorhandenen Litteratur beruhen. — Zu bedauern ist nur,
dass dem Verfasser die auch für die vorliegende Frage grundlegenden Aus-
führungen GIERKE’S (Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Recht-
sprechung; Berlin 1887, S. 794ff.) offenbar gänzlich unbekannt geblieben
sind; abermals ein Beweis für die Richtigkeit der von dem Berichterstatter
anderweit (das Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung er-
läutert; S. XIV; Berlin 1893) aufgestellten Behauptung, dass die GIERKE’sche
Genossenschaftstheorie leider in Theorie und Praxis noch immer nicht völlig
nach Verdienst gewürdigt wird.
Die Seaume’sche Schrift zerfällt in zwei Theile.
In dem ersten Theile wird die Competenz des Reiches zur Regelung der
religiösen Kindererziehung untersucht. Der Verfasser kommt zu dem Ergeb-
niss, dass zwar diese Materie grösstentheils dem öffentlichen Recht angehöre,
aber immerhin dergestalt mit privatrechtlichen Fragen durchsetzt sei, dass
die Commission hieraus die formelle Berechtigung zur Regelung der An-
gelegenheit in dem Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuchs hätte herleiten
können. Diese einheitliche Regelung sei um desswillen zu empfehlen, weil
der gegenwärtig in den einzelnen Bundesstaaten herrschende Rechtszustand
ein höchst verworrener und verbesserungsbedürftiger sei (S. 10ff., 20).
Diejenige Grundlage, auf welcher DrAcaHE (in der Schrift: „Die religiöse
Erziehung der Kinder nach dem Entw. des bürgerl. G.-B. f. d. D. R. und
Abänderungsvorschläge; Halle 1889) die formelle Competenz des Reiches zur
Ordnung des religiösen Kindererziehungsrechts herleitet, nämlich das dem
Reiche angeblich zustehende Kirchenhoheitsrecht wird von dem Verfasser
nicht anerkannt. Nach Ansicht des Berichterstatters ist es ihm auch ge-
lungen, den üherzeugenden Nachweis zu führen, dass dem Reiche als solchem
die sog. Kirchenhoheit nicht beiwohnt (S. 20—30).
Die in dem zweiten Theil der Schrift (S. 31—64) enthaltenen positiven
Vorschläge des Verfassers, welche auf eine einheitliche Regelung des reli-
giösen Kindererziehungsrechts durch das zukünftige bürgerliche Gesetzbuch
abzielen, dürften vielfachem Widerspruch begegnen und zwar schon deshalb,
weil es bei der heute herrschenden Zerklüftung der religiösen Anschauungen
fast unmöglich erscheint, für die das religiöse Gebiet berübrenden Fragen eine
Zustimmung grösserer Kreise zu gewinnen.
Göttingen 1893. Neukamp.
1) Dr. jur. K. Bachem, Rechtsanwalt: Das Reichsgesetz betr. die Ge-
werbegerichte erläutert. Köln 1890. Verlag von J. P. Bachenm.
IH u. 144 8.
2) Haas, Landrichter: Kommentar zum Reichsgesetz betr. die Ge-
werbegerichte vom 29. Juli 1890. Göttingen 1891. Verlag von
Vandenhoek & Ruprecht, VII u. 2718.