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sätze die wirthschaftlich Schwächeren vor dem Aergsten bewahrt,
anstatt sie dem „freien Spiele der Kräfte‘ von Rechtswegen zu
überlassen, — sondern vor Allem auch durch eine zweckmässige
Ausgestaltung des Civilprocessrechts, das freilich seinerseits nur
wieder ein Theil des öffentlichen Rechts ist, aber doch so eng
mit dem Privatrechte zusammenhängt, dass dessen beste Vor-
schriften durch mangelhafte Processgesetze (oder deren unzu-
treffiende Handhabung) unfehlbar Schiffbruch leiden und zu Nichte
werden. Der vermehrte Rechtsschutz würde beim Processe in
einer Beschränkung des Parteibeliebens und einer Verstärkung
der Unterstützungspflicht des Richters bestehen; mit deren Billig-
ung und Sanctionirung folgt also, wie bereits angedeutet, der
österreichische Entwurf einem entschieden ausgesprochenen Zuge
unserer Zeit.
Es darf nun wohl als eine bekannte Thatsache angesehen
werden, dass das Allg. Landrecht Preussens aus einem entschie-
den socialen oder, wie man damals sagte, patriarchalisch-fürsorg-
lichen Geiste seine Sätze schöpfte; deshalb wird es nicht über-
raschen, dass einmal derzeit die preussische Allg. Ger.O. damit
im Einklange stand, und dass andererseits jetzt, in unseren von
socialpolitischen Bestrebungen durchdrungenen Tagen, der Gesetz-
geber allen Ernstes wieder zu deren Vorbilde sich zurückwendet.
Nur bei Vorurtheilsvollen wird hiernach die offensichtliche Parallele
zwischen ihr und dem österreichischen Entwurfe Bedenken
erregen und ihm vielleicht gar schaden; eine eingehendere
Vergleichung beider, als sie hier möglich ist, wäre sogar von
grösstem Interesse.) Ich glaube aber nur das noch betonen zu
?) Eine ausreichende Darstellung der Geschichte der A.G.O. fehlt m. W.
noch; deshalb gehen auch wohl die Ansichten über den eigentlichen Grund,
der ihre Abänderungen und fast völlige Aufgabe in Preussen herbeiführte, so
sehr auseinander. Man vergl. beispielsweise hierüber nur die Aeusserungen
von Pranc&k (Lehrbuch des deutschen Civilprocesses I. Bd. 8. 196 Anm. 1) und
von VIERHAUS (Zeitschr. f. Civilprocess Bd. II S.377). Dass sich unter jenen,