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sie so ausführlich und breit zu behandeln, als wäre die Lösung
des Zweifels über die Art des richtigen processualischen Vorgehens
irgendwie Selbstzweck. Um so mehr Anlass hat das Gesetz, den
in diesem Sinne untergeordneten, rein dienenden Charakter
des Processinstituts und der Processfragen zu betonen.“
Und mit dieser Forderung und dem weiteren, freilich leicht auf-
gestellten, aber schwer verwirklichten Satze, der Process möge
„einfach, billig und gut“ sein (P.O. S. 289) macht der Entwurf
bei seinen Vorschlägen wirklich Ernst. Besonders charakteristisch
und des Gesetzgebers wahrhaft würdig!!) scheint mir die Ablehn-
ung jeder Theoretisirung auf Kosten jenes vorgesteckten Zieles
zu sein, während es sonst so vielfach im Sinne des GoETHE’schen
Worts geht:
„Habt Ihr einmal das Kreuz vom Holze tüchtig gezimmert,
„Passt ein lebendiger Leib freilich zur Strafe daran !*
So will der Entwurf (P.O. S. 254) das „vertragsähnliche
Processverhältniss“ nicht „rein logisch-juristischer Consequenzen
halber‘ zur Verwerfung von Klagänderungen ausbeuten lassen ;
er will (P.O. S. 259) nicht eınen „abstract guten Process“ schaffen,
„ein Verfahren, das, auf eine bestimmte Normaltype von Rechts-
streitigkeiten zugeschnitten, nur für diese passt“, sondern einen
solchen, der sich ‚in möglichst weitem Umfange als ein concret
„weckentsprechender erweisen soll“. Er erwägt sorgfältig die ‚„Ver-
hältnissmässigkeit zwischen Opfer und Ziel“ bei den einzelnen
Processeinrichtungen: (P.O. S. 299), z. B. bei der Unmittelbarkeit
der Verhandlung, dem Festhalten ihres Inhalts durch die Schrift
u. s. w.; ob die „Bedingungen“, die solche, etwa wie das „novum
Judicium‘‘ der Berufungsinstanz, fordern, „für die Partei nicht
allzu drückend“ sind (P.O. S. 301); und betont, z. B. bei dem
Verhältnisse der processualischen Vor- und Zwischenfragen zur
11) R. v. IHERING, Abhandlungen S. 120; Knıes, Kredit I, S. 149 u. A. m.
Man vergl. dagegen die Stellung des Entw. zum B. G.B. und der deutschen
Zwangsversteigerungsordnung!