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wie sie nach dem bisher Gesagten schon in mannigfacher Bezieh-
ung hervorgetreten ist, z.B. sich auch in der freien Stellung des
Gerichts bei Erstreckung oder Verkürzung der richterlichen und
der gesetzlichen Fristen zeigt (P.O. $ 137, 138), fällt aber wohl
am Deutlichsten durch die Parallele zwischen den $ 199 und 240
der P.O. in die Augen, wo es sich um den so äusserst wichtigen
Punkt einer zutreffenden und genügenden Ermittelung und
Feststellung des streitigen Sachverhalts selbst handelt.
Darüber muss noch Einiges bemerkt werden.
Nach $ 196 Abs.3 und $198 P.O. hat der Vorsitzende ‚‚da-
für Sorge zu tragen, dass die Sache erschöpfende Erörterung
finde“; er hat „durch Fragestellung oder in anderer Weise dar-
auf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen that-
sächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben über die
zur Begründung oder Bekämpfung des Anspruchs geltend ge-
machten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese An-
gaben bezeichnet, oder die angebotenen Beweise ergänzt, und
überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur wahrheits-
mässigen Feststellung des Thatbestandes der von den Parteien
behaupteten Rechte und Ansprüche nothwendig er-
scheinen.“ Er hat auf Erörterung der Abweichungen in dem
mündlichen Vortrage von den Schriftsätzen oder Protocollen zu
achten, und auf deren Wunsch die übrigen Gerichtsmitglieder
„an die Parteien die zur Ermittlung des Streitverhältnisses und
zur Feststellung des Thatbestandes geeigneten Fragen richten“
zu lassen. Nöthigenfalls ist die Verhandlung wiederzueröffnen
(P.O. $ 210); das Berufungsgericht muss auch, wie schon erwähnt,
nach $ 516, Abs. 2 P.O. den Process ın die erste Instanz ver-
im Arch. f. c. Praxis, Bd. 62, S. 75 ff.; Görtz a. a. O. S. 75; STEIN a.a.0.
S. 88) und Niemand wird darauf, weder im Civilprocess, noch auch im
Strafverfahren, verzichten wollen! Die Freigebung der richterlichen
Forschung wird dagegen als Erlösung von einem unerträglichen Zwange
empfunden werden.
Archiv für öffentliches Recht. IX. 1. 6