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Gegen Beides verstösst jedoch der Entwurf. Zunächst ver-
fällt man nämlich auf den Gedanken, dass der Entwurf ursprüng-
lich nur für die Privateisenbahnen bestimmt war und zur An-
wendung auf Kleinbahnen einfach dadurch zugestutzt worden ist,
dass in die Ueberschrift und in $ 1 die Worte „und Kleinbahnen“
eingefügt wurden. Ob die einzelnen Satzungen ohne Weiteres für
sie passen, wurde nicht weiter erwogen. Einen Beleg dafür liefert
die Vielseitigkeit der Verrichtungen, welche die 88 4, 5, 6, 8, 12,
14, 15, 29, 34, 37, 38, 39, 40, 43, 44, 46, 63, 64 der Bahn-
aufsichtsbehörde übertragen. Je mehr dem Staate an einer rich-
tigen Bewirthschaftung bestehender Bahnen und an der Erhaltung
des Betriebes auf denselben gelegen sein muss, je mehr er also
Grund hat, einer Misswirthschaft und vermeidbaren Betriebs-
einstellungen rechtzeitig vorzubeugen, desto sorgfältiger hat er
andererseits zu erwägen, dass jeder Einfluss in seinem Erfolge
versagt, dessen Ausübung dafür ungeeigneten Dienststellen an-
vertraut wird.
Die Bahnaufsicht über Vollbahnen und über Nebenbahnen
wird in Preussen an höchster Stelle durch die vierte Abtheilung
des Ministeriums für öffentliche Arbeiten und selbst an unteren
Stellen schon durch Behörden geführt, die mit fachtechnisch und
fachwissenschaftlich vorgebildeten Mitgliedern besetzt sind, so
dass bei ihnen ein volles Verständniss für die Aufgaben zu finden
ist, welche ihnen der Entwurf stellt. Anders steht dies bei den
Kleinbahnen, für welche sogar schon städtische oder ländliche
Ortspolizeibehörden die Bahnaufsicht führen können. Die Mit-
wirkung bahntechnisch Gebildeter ist nur bei Kleinbahnen ge-
sichert, welche mit mechanischer Kraft betrieben werden, indem
hier den Landespolizeibehörden eine Eisenbahnbehörde zum Bei-
rath bestellt ist?”, welcher den Aufsichtsbehörden der Pferde-
betriebe jedoch fehlt, selbst wenn sie bei dem Amtsvorsteher oder
dem Bürgermeister eines Landstädtchens ruht, obschon diese ge-
meinüblich von den Erfordernissen eines Bahnbetriebes, den
Grundsätzen der Bahnwirthschaftslehre und von der Bahnbetriebs-
G. v. 28. Juli 1892, 88 3, 22.