Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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darstellt und sich jeder Erörterung über die theoretische Richtigkeit oder 
Unrichtigkeit ihrer Ausführungen enthält, so wird doch diese objective Dar- 
stellung selbst zu einer vernichtenden Kritik der Bodin’'schen Lehre. Indem 
Bopın das Wesen der Souveränetät nicht bloss in der Eigenschaft der 
Staatsgewalt, die höchste, unabgeleitete und nicht auf eine bestimmte Dauer 
beschränkte irdische Macht zu sein, erblickt, sondern ihr auch einen be- 
stimmten Inhalt von einzelnen Befugnissen (Hoheitsrechten) zuschreibt, d.h. 
die durch einen gegebenen Kulturzustand bedingten und der historischen 
Veränderung unterworfenen Aufgaben des Staates und die diesen Aufgaben 
entsprechenden Bethätigungen der Staatsgewalt in seinen Souveränetäts- 
begriff mit einmengt, verbindet er zwei verschiedene und von einander un- 
abhängige Dinge zu Einem Begriff und kommt zu dem folgenschweren Irrthum, 
dass weil die Eigenschaft einer bestimmten Staatsgewalt souverän, d. h. 
die höchste, Niemandem untergeordnet zu sein, ihrem Begriff nach un- 
beschränkbar, untheilbar und unübertragbar ist, dies auch die materiellen 
Hobeitsrechte sein müssen, was mit den thatsächlich bestehenden Verfassungs- 
einrichtungen der meisten Staaten, besonders des deutschen Reichs, in offen- 
kundigem Widerspruch stand. Und dieser Irrthum wuchert noch heute in 
der Staatsrechtslitteratur fort. Dazu kommt, dass Bopin die Souveränetät des 
Staats mit der Souveränetät des Fürsten identificirte, also eine bestimmte 
Staatsform, die absolute Monarchie, generalisirte und die Stellung eines 
Organs des Staates mit dem Staat selbst verwechselte; die staatsrechtliche 
Theorie war eben noch nicht bis zur Personification des Staates und den 
vollen Consequenzen dieser Vorstellung vorgedrungen. Bonmus abstrahirt 
seinen Begriff der Souveränetät von der Machtstellung des französischen 
Königthums seiner Zeit und auch dies nicht, ohne sich zu wesentlichen Ein- 
schränkungen und Ermässigungen genöthigt zu sehen und sich andererseits 
erheblicher Uebertreibungen schuldig zu machen; ein unvergängliches Ver- 
dienst aber hat er sich dadurch erworben, dass er denjenigen Punkt hervor- 
gehoben hat, der für den Gegensatz des modernen Staates gegen den feudalen 
entscheidend ist und welcher der politischen Entwicklung für lange Zeit die 
Signatur aufdrückte. Das Verdienst Hancke’s aber besteht in der überaus 
klaren, lichtvollen, anschaulichen und durchweg wohlbegründeten Darlegung 
der Bopm’schen Lehre. Laband. 
Le Comte Jean Kapnist, Attach& & la Section de Codification pres le Con- 
seil de l’Empire, Code d’organisation judiciaire de l’Empire 
de Russie de 1864 (edition de 1883 avec le supplement de 1890) 
traduit et annote. Paris. Imprimerie Nationale. 1893. gr. 8%. pages 
CXL u. 528. 
Beim französischen Justizminister besteht unter Mitwirkung der Societ6 
de legislation comparee eine Kommission zur Herausgabe ausländischer Justiz- 
gesetze in französischer Uebersetzung und mit erläuternden Anmerkungen.
	        
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