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Dieser Einrichtung verdanken wir die vortreffliche Ausgabe der jetzt gelten-
den russischen Gesetze über die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Ver-
fahren des Grafen Karpnıst. Dem Text der Gesetze ist eine sehr gute Ein-
leitung über die Geschichte des russischen Gerichtswesens, über die ein-
greifende Gerichtsreform von 1864 und die seitdem ergangenen Justizgesetze
vorausgeschickt, welche die massgebenden Gesichtspunkte sehr geschickt
hervorhebt. Dem Text der Gesetze sind werthvolle Erläuterungen bei-
gegeben. Da es an einem ähnlichen deutschen Werke über das russische
Gerichtswesen fehlt, wird das Werk des Grafen Karpnist gewiss auch in
Deutschland allen sehr erwünscht sein, welche sich über die russische Ge-
richtsverfassung und den Russischen Civil- und Criminalprozess unterrichten
wollen. Laband.
Dr. Jos. Hürbin, Rector des Gymnasiums und Lyceums in Luzern, Peter
von Andlau. Luzern 1894. 8°. 648.
Dem Verfasser, der sich bereits durch seine Ausgabe des Libellus de
Cesarea Monarchia von Peter von Andlau in der Zeitschrift der Savigny-Stif-
tung für Rechtsgeschichte, Germ. Abth. XII und XIII, ein unleugbares Ver-
dienst erworben und diese für die Geschichte der deutschen Staatsrechts-
wissenschaft so interessante Schrift allgemein zugänglich gemacht hat, bietet
in der vorliegenden Abhandlung eine anziehend geschriebene, auf gründlichen
und umfangreichen Forschungen beruhende und von einer wohlthuenden Pietät
durchwehte Biographie Peter’s. Ist es schon an sich ein anziehendes Thema,
den Bildungsgang und die Lebensschicksale desjenigen Gelehrten darzustellen,
der das erste wissenschaftliche Werk über das Staatsrecht des Deutschen
Reichs verfasst hat, so gewinnt die Monographie Hürsın’s dadurch noch be-
sonders an Interesse, dass sie uns in die Zeit der ersten Entwicklung des
Humanismus am Oberrhein führt und den Zusammenhang dieser Entwicklung
mit der Abfassung des ersten Deutschen Staatsrechts vor Augen legt. Aber
nicht nur als Pfadfinder des Reichsstaatsrechts, sondern auch als geistiger
Begründer der Universität Basel und als hervorragender Lehrer des cano-
nischen Rechts wird Petrus gewürdigt und zum ersten Male in seiner ganzen
wissenschaftlichen Bedeutung erkannt. Mit Recht darf daher der Verf. den
Ruhm in Anspruch nehmen, nicht nur zur Litteraturgeschichte des Staats-
rechts, sondern zur Geschichte der geistigen und litterarischen Entwicklung
im fünfzehnten Jahrhundert einen Beitrag zu bieten. Der Verf. hat seine
Studien über Petrus v. Andlau mit der kritischen Ausgabe des Libellus und
der vorliegenden Lebensbeschreibung nicht abgeschlossen; er stellt noch weitere
Untersuchungen über die Quellen und den Inhalt des Libellus und über die
in dem letzteren dargelegten Ansichten über Kirche und Staat, Naturrecht,
römisches, kanonisches, deutsches Recht, über Adel und sociale Schichtungen
in Aussicht. Einen Anfang hiervon hat der Verf. bereits in seiner 1893 er-
schienenen Abhandlung: „Der deutsche Adel im ersten Deutschen Staatsrecht“
Archiv für Öffentliches Recht. X. 1. 8