Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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indess bei der Benutzung dadurch gefährlich werden, dass Jemand, dem die 
angezogenen Schriften nicht zugänglich sind, sich dazu bestimmen lässt, der 
Ansicht beizustimmen, welche die meisten Vertreter zählt, wo durch das 
Gewicht ihrer Gründe vielleicht die Minderheit den Vorzug verdienen würde. 
Zweckentsprechend wird jeder einzelne Paragraph unter Aufsuchen seines 
Beweggrundes und Zieles, sowie seines wissenschaftlichen Grundgedankens 
unter Hinweis auf das Bedürfniss des Verkehrslebens erläutert. Hierdurch wird 
für die einzelnen Rechtsgrundsätze eine Uebersicht geboten, wie weit sie den 
derzeitigen Bedürfnissen entsprechen und in dem Rechtsgedanken ihre Stütze 
finden. Für eine etwaige Neugestaltung des Enteignungsrechtes und Ent- 
eignungsverfahrens bietet die vorliegende Arbeit gleichfalls eine schätzbare 
Unterlage. Die Nothwendigkeit einer Gesetzesveränderung ist verschiedent- 
lich betont, wobei auf eine Erleichterung der Enteignung hingezielt wird, 
während bekanntlich aus Grundbesitzerkreisen die entgegengesetzte Ansicht 
vertreten und in Petitionen bei den Behörden verfochten wird. Dass noch 
Fälle denkbar sind, in denen trotz seiner Gründlichkeit der Kommentar ver- 
sagt, liegt in deren Eigenart und weil ähnliche, während der zwanzigjährigen 
Gesetzesdauer noch nicht vorgelegen hatten. In dieser Hinsicht seien z. B. 
zwei jetzt in Berlin schwebende Fälle erwähnt (die Enteignung von Grund- 
flächen am Spreeufer zum Zwecke der Anlegung einer neuen Strasse, durch 
welche den Besitzern die Vortheile des Anliegens am Flussbette für die Rest- 
grundstücke verloren gehen und die Enteignung eines Theiles des Kastanien- 
wäldchens zwecks Aufnahme von Bahngleisen), in denen die Frage, nach wel- 
chen Grundsätzen die Entschädigungssumme zu bestimmen und welche 
wirthschaftlichen Momente hierbei mitzusprechen haben, keine ausreichende 
Beantwortung findet. 
Trotz alledem verdient der Kommentar die Anerkennung der voll- 
ständigste, gründlichste und brauchbarste von allen zu sein, die bisher er- 
schienen sind. Eine zweite Auflage, zu der es äusserem Vernehmen nach 
bald kommen dürfte, wird Gelegenheit geben, die inzwischen ergangenen 
Entscheidungen und veröffentlichten Abhandlungen aufzunehmen. 
Karl Hilse. 
Dr. Richard Weyl, Lehrbuch des Reichsversicherungsrechts. Leipzig, 
Verlag von Duncker & Humblot 1894. 1067 S. Preis 20 M. 
Wie der Titel des Werkes anzeigt, hat sich der Verfasser die Aufgabe 
gestellt, das gesammte Reichsversicherungsrecht systematisch darzustellen, ein 
Unternehmen, das, abgesehen von dem unvollendeten Werk Rosm’s „Das 
Recht der Arbeiterversicherung“, bisher ohne Vorgänger ist und daher schon 
aus diesem Grunde mit Fug Anspruch auf allgemeine Beachtung erheben darf. 
Nach einer kurzen Einleitung über Begriff und Aufgaben des Reichs- 
versicherungsrechts behandelt der Verfasser im ersten, historischen Theil die 
Geschichte des materiellen Arbeiterschutzes und des Reichsversicherungs-
	        
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