— 120 ° —
rechts, wobei er auch .den „mittelbaren Arbeiterschutz* (Vorschriften über
aussercontractliche Schadenszufügung, Alimentationspflicht der Verwandten
etc.) in den Kreis seiner Betrachtungen zieht. (Unrichtig ist die Bemerkung
auf S. 26, dass es „bezüglich der Alimentationspflicht im gemeinen Rechte
ganz bei denselben Vorschriften geblieben sei wie im klassischen römischen
Rechte“, da die so unendlich wichtige und dem klassischen römischen Recht
völlig fremde Alimentationspflicht des ausserehelichen Vaters bekanntlich erst
dem gemeinen Recht ihre Anerkennung verdankt.)
Der zweite, positive Theil (das geltende Reichsversicherungsrecht) zer-
fällt naturgemäss in drei Bücher: Krankenversicherungsrecht, Unfallversiche-
rungsrecht, Invaliditäts- und Altersversicherungsrecht, und gibt eine trotz
des reichen Details klare und übersichtliche Darstellung des gesammten In-
halts der Versicherungsgesetze, während auf eingehende Erörterung der
zahlreichen einzelnen Streitfragen dem Charakter des Werkes als Lehrbuch
gemäss natürlich Verzicht geleistet werden musste.
Den Schluss bildet der dritte, allgemeine und systematische Theil; dessen
erstes Capitel ist der Betrachtung der Arbeiterversicherung als Gesammtheit
gewidmet, das zweite bespricht in höchst instructiver Weise die Stellung des
Reichsversicherungsrechts im Rechtssystem und sein Verhältniss zu andern
Rechtsmaterien. Hier kommt auch die juristische Polemik mehr zu ihrem
Recht, da der Verfasser die bekannten Streitfragen nach der rechtlichen
Natur der Versicherungsansprüche und des Reichsversicherungsrechts über-
haupt (ob öffentliches oder Privatrecht) unter kritischer Würdigung der ver-
schiedenen Theorien ausführlich erörtert; die praktische Bedeutung der letz-
teren Controverse schwindet freilich, wie die Ausführungen des Verfassers
auf Seite 924 und 925 selbst beweisen, auf ein Minimum, wenn man mit dem
Reichsgericht (Entsch. in Civils. Bd. 19 8. 70) und im Gegensatz zu der vom
bayrischen Verwaltungsgerichtshof für Bayern vertretenen Anschauung (Entsch.
Bd. 7 S. 159) ihrer Beantwortung keinen Einfluss auf die Competenzfrage ein-
räumt. Eines offenbaren Widerspruchs macht sich aber der Verfasser schuldig,
wenn er behauptet (S. 913), dass der Begründungsact des Versicherungsver-
hältnisses (sein regelmässiges Entstehen durch Gesetz, nicht durch Vertrag)
nicht zu Gunsten der Subsumtion unter das öffentliche Recht geltend ge-
macht werden dürfe, während er selbst (8. 921) als zwingenden Grund
für diese Subsumtion den Versicherungszwang bezeichnet.
Schliesslich sei noch das ausführliche Quellen- und Sachregister rühmend
erwähnt.
Das mit ausserordentlichem Fleiss gearbeitete Werk muss eine bedeut-
same Leistung auf dem Gebiete des Versicherungsrechts genannt werden und
wird — seiner Bestimmung zu Folge — „für den akademischen und prak-
tischen Gebrauch“ gleich gute Dienste leisten.
Amtsrichter Dr. Engelmann, München.