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hat, ab. Sie weist ferner die Zusammengehörigkeit und Gültigkeit der im
Verkehrsleben des Grossherzogthums oft genannten Rechtsquellen wie des
Solmser Landrechtes, des Katzenellenboger Landrechtes u. s. w. nach. Sie
bietet praktische Winke für den Leser, in welchen Werken und Aufsätzen
er sich über die wichtigsten partikularrechtlichen Materien (so über das ehe-
liche Güterrecht und das Erbrecht) der einzelnen Quellen nähere Kenntniss
verschaffen kann. Ein besonderer Vortheil liegt in der beigegebenen ausser-
ordentlich detaillirt ausgeführten Rechtskarte. Mit einem Blick vermag hier
der Beschauer die Vertheilung der Rechtsquellen zu übersehen und die
Gültigkeit dieser oder jener Quelle für die einzelnen Städte und Dörfer zu
erkennen. Dr. Zeller.
J. Clauss, Doctor der Staatswissenschaft. Die Lehre von den Staats-
dienstbarkeiten, historisch und dogmatisch entwickelt. Tübingen
1894. Verlag der F. Laupp’schen Buchhandlung.
Der Ausdruck „Staatsservitut* hat in der völkerrechtlichen und staats-
rechtlichen Literatur eine zwar häufige, aber wenig fest begrenzte Anwen-
dung. Insbesondere sind zu unterscheiden zwei Bedeutungen, die aber
vielfach nicht gehörig auseinander gehalten werden. Im weiteren Sinne be-
zeichnet Staatsservitut jede dauernde völkerrechtliche Specialverpflichtung eines
Staates gegenüber einem anderen Staat, innerhalb seines räumlichen Herr-
schaftskreises gewisse Bethätigungen eines Hoheitsrechtes zu unterlassen
oder gewisse Hoheitsakte der anderen Staatsgewalt zu dulden. Im engeren
Sinne bezieht sich der Ausdruck nur auf dauernde völkerrechtliche Special-
beschränkungen der Gebietshoheit eines Staates gegenüber einem anderen
Staate, umfasst also nicht Verpflichtungen zur Unterlassung von Hoheits-
akten, welche nicht als Ausfluss der Gebietshoheit zu betrachten sind. Die
Lehre von den Staatsdienstbarkeiten, die im vorigen Jahrhundert eine reiche
Pfiege und Entwicklung fand, wurde seitdem ziemlich vernachlässigt. Seit
der umfassenden Darstellung der Lehre von GÖNNER (1800) ist jenes Rechts-
institut keiner eingehenderen Betrachtung mehr unterzogen worden, da die
praktische Bedeutung desselben in unserem Jahrhundert an Umfang verloren
hat. Trotzdem ist es interessant genug für eine geschichtliche und dogma-
tische Erörterung, — aus diesem Grunde machte die staatswissenschaftliche
Fakultät in Tübingen den Gegenstand zum Thema einer Preisaufgabe, deren
Lösung vorliegende Schrift enthält. Die Abhandlung beleuchtet das Rechts-
verhältniss der Staatsdienstbarkeit nach allen Seiten hin. Den Schwerpunkt
legt der Verfasser auf den historischen Theil, besonders auf die Erfor-
schung derjenigen Thatsschen und Rechtsanschauungen, welche dem Begriff
der privatrechtlichen Servitut seinen Eingang in das öffentliche Recht —
das Stasts- und Völkerrecht — verschafften. Insbesondere hat der Verfasser
nachzuweisen versucht, dass der Begriff der Servitut nicht direkt vom Privat-
recht in das Völkerrecht übernommen wurde, sondern dass dieser Prozess