Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

— 142 — 
und diese Unterscheidung hat eine besondere Bedeutung im Erb- 
recht. 
In Bezug auf die unbewegliche Habe gab es ursprünglich nur 
ein natürliches? Erbrecht und zwar bildete sich bald nach der nor- 
mannischen Eroberung unter dem Einfluss der Verbreitung des 
Lehenswesens das Primogeniturrecht und die Bevorzugung der 
männlichen Linien ans®. Waren nur weibliche Erben vorhanden 
so erbten dieselben gemeinschaftlich. Der natürliche Erbe wurde 
als Heir-at-Law bezeichnet. In einzelnen Gebieten erhielten sich 
indessen andere erbrechtliche Gebräuche. Erst unter Heinrich VIII. 
wurde es gestattet* letztwillige Verfügungen über unbewegliche 
Habe zu treffen, jedoch mit der Einschränkung, dass bei Ritter- 
lehen das Verfügungsrecht auf zwei Drittel beschränkt war. Nach- 
dem nach der Restauration der Stuarts die Ritterlehen dem 
freien Eigenthum gleichgestellt wurden°, fiel auch diese Beschrän- 
kung weg und die Testirfreiheit war fortan allgemein®. Der Er- 
werb der unbeweglichen Erbschaft erfolgte nach dem Grundsatz: 
der Todte erbt den Lebendigen, d. h. sofort mit dem Tode des 
Erblassers ging das Eigenthum auf den natürlichen Erben (heir- 
at-law) oder den Vermächtnissnehmer”? (devisee) über. 
2 Der Ausdruck „natürliches* Erbrecht muss angewandt werden, weil 
man von einem „Intestaterbrecht“ nicht sprechen kann, so lange das Recht 
letztwilliger Verfügung noch nicht besteht. 
8 Bei den Bauergütern drang das Erstgeburtsrecht erst etwas später 
durch. Vgl. PorLock, Recht des Grundbesitzes in England, übersetzt von 
Schuster, auf S. 275. 
4 Durch das Gesetz 32 Henry VIII, cap. 1 erläutert durch 84 u. 85 
Henry VII, cap. 6. 
5 Durch 12 Car. II, cap. 24. 
® Die überlebenden Ehegatten hatten gewisse Niessbrauchrechte und 
die verheiratheten Frauen waren als solche in ihrer Verfügungsfähigkeit 
beschränkt, doch sind auch diese Einschränkungen allmälig beseitigt worden. 
"7 Das englische Recht kennt keine testamentarische Erbeinsetzung. 
Alle Zuwendungen durch letztwillige Verfügung werden als Vermächtnisse 
angesehen. Auch die als „Erbe“ bezeichnete Person, welche den unbeweg-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.