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an, der Abzug sei X 4000, dann gehören den Betheiligten nicht
T 100 000, sondern X 96 000 und sie haben nie ein Recht auf
mehr gehabt. Das ist der Grundsatz, auf dem die neue Estate
Duty beruht“.
Diese Worte sind bedeutungsvoll, weil sie die Absicht der
neuen Gesetzgebung aussprechen und aus dem Munde eines leitenden
Staatsmannes kommen. Die rechtshistorische Begründung ist un-
richtig, denn sie übersieht ganz, dass das natürliche Erbrecht längst
bestand, ehe die Rechtsentwickelung Testirfreiheit und im Zu-
sammenhang mit derselben ein Intestaterbrecht erzeugte. Auch
ist es verkehrt, ein Recht des Staats auf einen Theil der Erb-
schaft daraus ableiten zu wollen, dass der Staat Gesetze über
Testamente und Erbfolge ab intestato erlassen hat, aber der Ge-
danke, der der ganzen Beweisführung zu Grunde liegt, entspringt
einer Auffassung über das wirthschaftliche Verhältniss des Ein-
zelnen zum Staate, die sich auf einem weit tieferen Fundament
aufbaut, als die dekorativen Pfeiler, die der Schatzkanzler für
genügende Stützen gegen den rhetorischen Ansturm seiner Gegner
hielt. Es wäre richtiger gewesen, davon auszugehen, dass das
natürliche Erbrecht aus einer Zeit herrührt, in welcher nicht der
Einzelne, sondern die Familie die wirthschaftliche Einheit bildete
und in welcher die Familie ein genossenschaftlicher Organismus
war, der einen weiten Kreis umfasste und für diesen Kreis wirth-
schaftliche Fürsorgepflichten hatte, die noch nicht im Wirkungs-
kreise kommunaler oder nationaler Gemeinwesen: eingeschlossen
waren, und dass für dieses natürliche Erbrecht sich jetzt, wo der
Familienorganismus sich gelockert und die wirthschaftliche Für-
sorge für den Einzelnen nach vielen Richtungen vom Staate und
der Gemeinde übernommen worden ist*t, nicht mehr dieselbe Be-
gründung anführen lässt, wohingegen die Substitution eines staat-
4 Vgl. von ScHEEL, Erbschaftssteuern und Erbrechtsreform, 2. Aufl.
1876, 8.47. Diese Abhandlung war m. W. die erste, welche die Erbschafts-
steuer aus dem Erbrecht des Staates ableitete.