Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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lichen Erbrechts gerade aus dem erwähnten Grunde gerechtfertigt 
erscheint. Das natürliche Erbrecht ist in England schon ohnehin 
verschwunden. Nicht nur ist das Pflichttheilrecht, wie oben er- 
läutert, allmälıg beseitigt worden; es gibt auch keine sonstigen 
Schranken gegen die Willkür des Vermögensvergebers, der auch 
unter Lebenden unbeschränkte Schenkungsbefugniss hat und nicht 
einmal als Verschwender entmündigt werden kann. Es wäre dem- 
nach richtig gewesen, zu sagen, dass das Gesetz eine Reaktion 
gegen den extremen Individualismus der englischen Rechtsent- 
wickelung bedeutet und eine Rückkehr in der Richtung nach dem 
Zustande, wo das Vermögen nicht in der Verfügungsgewalt des 
Einzelnen stand, sondern einem zwar beschränkten Gemeinwesen, 
aber doch immerhin einem Gemeinwesen: — der Familie gehörte. 
Es hätte ferner angeführt werden können, dass die Testir- 
freiheit, wie aus der obigen Darstellung ersichtlich ist — wenig- 
stens soweit es sich um bewegliche Habe handelte — eingeführt 
wurde, um Erblasser in die Lage zu setzen, einer öffentlichen 
Anstalt, d. h. der Kirche, Vermögen zuzuwenden und dass auch 
die Kirche zu der Zeit, in der diese Gewohnheit aufkam, einen 
grossen Theil der heute dem Staate zufallenden Aufgaben — 
namentlich die Pflege von Wissenschaft und Kunst — allein ver- 
trat. Vielfach scheint sich sogar durch Ortsgebrauch ein Pflicht- 
theilsrecht der Kirche ausgebildet zu haben, wenigstens erwähnt 
(GLANVILLE*®® die Gewohnheit der Kirche, ein Vermächtniss zu er- 
lassen, in derselben Weise wie die Gewohnheit, dem Lehnsherrn 
die beste bewegliche Sache zu vermachen — die in der Gestalt 
des Besthauptrechts noch heute an vielen Orten erhalten ist und 
dem Rechtsnachfolger des ursprünglichen Lehnsherrn beim Tode 
des auf seiner Gutsherrschaft ansässigen Grundbesitzers einen An- 
spruch auf das beste Stück Vieh gibt. — Was das unbewegliche 
Vermögen betrifft, so waren zur Zeit des Isehnsrechts bei der 
Emm nn 
*# 2.0. 0.1.7, cap. 5.
	        
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