— 1719 —
Uebernahme eines Grundstücks nach dem Tode des letzten Vasallen
nicht nur Gebühren an den Lehnsherrn zu zahlen; der Eintritt ın
das lehnsrechtliche Verhältniss begründete überhaupt eine Reihe
theilweise höchst lästiger öffentlich-rechtlicher Pflichten. Diese
Pflichten sind allmälig in Geldabgaben umgewandelt worden und
bei der Abschaffung des Liehnswesens im Jahre 1660 (durch
12 Cor. II, cap. 24) wurde der Wegfall der aus diesen Abgaben
der Krone zufliessenden Einnahmen durch Einführung der Acecise
ersetzt, d.h. durch eine Besteuerung der von den breiten Massen
des Volks verbrauchten Gegenstände. So wurde 'allmälig das
(srundeigenthum der mit demselben in Zusammenhang stehenden
öffentlich-rechtlichen Aufgaben entledigt und in ein rein privat-
rechtliches Institut verwandelt. Auch hier bedeutet die Erbschafts-
steuer die Rückkehr auf eine früher begangene Bahn.
Den festländischen Anschauungen widerspricht der Umstand,
dass die Hauptsteuer von der Masse und nicht vom Anfall er-
hoben wird und daher Kinder ebenso wie entfernte Verwandte
oder Fremde betrifft. Man spricht von einem „Recht der Kinder“,
das dem Recht des Staats vorangeht“*. In England kann diese
Anschauung nicht mit derselben Zuversicht ausgesprochen werden,
weil die bestehende Rechtsordnung den Kindern überhaupt keinen
Anspruch auf einen Antheil am väterlichen Nachlasse gewährt
und auch thatsächlich namentlich bei grösseren Vermögen häufig
einzelne Kinder wenig oder gar nicht berücksichtigt werden, um
den ältesten Sohn möglichst in die Lage zu setzen, den Glanz des
Namens zu erhalten, wie ja auch beim Grundbesitz in Ermange-
lung letztwilliger Verfügungen noch immer das Primogeniturrecht
besteht, das’auch regelmässig die Grundlage der Fideikommiss-
bestimmungen ist. Man kann also jedenfalls in England nicht
von einem Eingriff in eine eingewurzelte Volksanschauung
sprechen.
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# So z. B. BERNHÖFT, Zur Reform des Erbrechts. Vgl. auch von ScHEEL
2.8.0. 8.35.