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fassung verbietendes Gesetz rechtlich unwirksam sei, weil der
Gesetzgeber der Gegenwart den Gesetzgeber der Zukunft nicht
binden könne, gerade deshalb aber sei auch die Frage zu ver-
neinen, ob die bayerische Verfassungsurkunde ein Verfassungs-
änderungsverbot enthalte; denn Mangels einer ausdrücklichen
Bestimmung könnte ein solches Verbot nur durch Interpretation
gewonnen werden, eine Interpretation aber, die zu einem recht-
lich unwirksamen Resultate führen würde, sei nicht statthaft,
mithin bedürfe es gar keiner Untersuchung der Frage, ob der
bayerische Gesetzgeber die Absicht gehabt habe, ein Verfassungs-
änderungsverbot zu statuiren.
Die Ausführungen der übrigen Autoren laufen darauf hinaus,
dass sich die Befugniss des Regenten zur Vornahme von Verfas-
sungsänderungen aus 88 17 und 18 Tit. II der Verf.-Urk. ergebe,
PETERS und v. STENGEL ziehen auch den von Prof. KOHLER
geltend gemachten Gesichtspunkt mit herein, dass der Gesetz-
geber der Gegenwart jenen der Zukunft nicht binden könne, —
Somit geht die herrschende Meinung in
der Literatur dahin, dass nach bayerischem
Staatsrechte Verfassungsänderungen wäh-
rend der Dauer einer Regentschaft für zu-
lässig zu erachten seien.
2. Kapitel.
Standpunkt des bayerischen Landtages.
Die bayerische Verfassungsurkunde enthält in Tit. II, $ 18
verschiedene den Regenten bei Ausübung der Regierung beschrän-
kende Bestimmungen.
Als im Jahre 1886 zum ersten Male seit dem Bestehen der
Verfassung die Einsetzung einer Regentschaft nothwendig geworden
war, zeigte es sich gar bald, dass diese Schranken, welche der
Verfassungsgesetzgeber vor dem Regenten aufgerichtet hatte, .einer
gedeihlichen Fortentwicklung des Staatslebens nicht förderlich seien