— 12 —
Gründe in abstracto für und welche gegen eine solche Einrich-
tung sprechen, ob überhaupt eine präventive Handhabung des ius
circa sacra mit der Freiheit des kirchlichen Handelns verträglich,
nicht vielmehr nur eine repressive der ganzen modernen staats-
rechtlichen Entwickelung entsprechend sei, und nur eine politische
Pflicht des Staates bestehe, sich gegenüber Verordnungen der
Kirchengewalt, die unter Verletzung seiner Rechte ergehen, in
Vertheidigungszustand zu setzen.
Eine andere Frage, die m. W. bisher in der Litteratur zwar
angedeutet?, aber nicht besprochen worden ist, soll im Folgenden
behandelt werden: Ist nach bayerischem Kirchenstaatsrechte die
Staatsregierung lediglich berechtigt oder aber auch verpflichtet, die
Einholung des landesherrlichen Placet von der Kirchengewalt zu
verlangen ?
Aus dieser Fragestellung erhellt einmal, dass es sich dabei
um die Rechtspflicht, nicht um die politische® Pflicht, die Ein-
holung des Placet zu verlangen handelt, und dann, dass eine Ant-
wort auf die Frage nur de lege lata, nicht de lege ferenda ge-
geben werden kann.
% Serpen, Bayerisches Staatsrecht, Bd. VI, Freiburg i. B. 1892, S. 31
Anm. 4.
Rede des Staatsministers Dr. von Lutz in der Kammer der Abgeord-
neten 1881/82 Beil. Bd. III, S. 303, Sp. 2.
° Abg. Freiherr von LERCHENFELD spricht nur von politischen Pflichten,
wenn er in seiner Rede in der Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom
7. Nov. 1889 aus einem Votum des Ministerrathes der Zeit der Konkordat-
verhandlungen den Satz zitirte: „Die Rechte der Regenten in kirchlichen
Angelegenheiten sind nichts’ als die Pflichten, welche denselben obliegen, die
ihnen von der Vorsehung anvertrauten Völker gegen die Herrschsucht der
geistlichen Behörden, gegen die Anmassungen jeder: Art von Gewissenszwang,
gegen die Einführung falscher und verderblicher religiöser Grundsätze
zu wahren“. Sten. Ber. IV, S. 177.
“Der häufig aufgestellte allgemeine Satz, der Staat habe nicht nur das
Recht, sondern auch die Pflicht, dafür zu sorgen, ne quid detrimenti respu-
hlica patiatur hat es ebenfalls nicht mit einer Rechtspflicht zu thun.
Dagegen JELLInER, System der subjektiven öffentlichen Rechte. Frei-
burg i B. 1892, 8. 192.