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8 58 des Religionsediktes von 1818 bestimmt: „Hiernach
dürfen keine Gesetze, Verordnungen oder sonstige Anordnungen
der Kirchengewalt nach den hierüber in den Königlichen Landen
schon längst bestehenden (eneral-Mandaten ohne Allerhöchste
Einsicht und Genehmigung publieirt und vollzogen werden. Die
geistlichen Obrigkeiten sind gehalten, nachdem sie die Königliche
(Grenehmigung zur Publikation (Placet) erhalten haben, im Eingange
der Ausschreibungen ihrer Verordnungen von derselben jederzeit
ausdrücklich Erwähnung zu thun“.
An dieser Stelle soll, um dem Folgenden nicht vorzugreifen,
nur das eine betont werden, dass schon der klare Wortlaut des
genannten 8 65 resp. des & 58 und des 8 61 der zweiten Ver-
fassungsbeilage eine thatsächliche Placetirung, eine Ertheilung des
Placet im Voraus als unzulässig erscheinen lässt.
Schon dieser kurze auf das placetum regium beschränkte
Rückblick ergibt wie eine historische Betrachtung der Gesammt-
heit jener staatlichen Einrichtungen, die man Kirchenhoheitsrechte
nennt, als Resultat, dass die rechtliche Natur eines Kirchenhoheits-
rechtes von dem zwischen Staat und Kirche jeweils bestehenden
Grundverhältnisse abhängt, mit diesem also dem Wechsel unter-
worfen ist. Eine Interpretation der Verfassung, welche ihre Argu-
mente einer Periode entnimmt, in welcher diese Beziehung
gegenüber der Gegenwart von Grund aus verschieden gestaltet
war, ist demnach zu verwerfen ?”.
Gerade mit dem durch die Verfassung festgelegten Ver-
hältnisse zwischen Staat und Kirche ist der Wortlaut der
Bestimmungen über das Placet ohne jeden Zwang zu verein-
baren, und wenn irgendwo, so gelten hier die Worte, die Staats-
27” Vgl. Dr. SEBASTIAN FRANK, „Das gegenwärtige bayerische Kultus-
ministerium und die sog. Altkatholiken in Bayern“ im Archiv für kath.
Kirchenrecht Bd. 41, 1879, S. 142. Dieser Schriftsteller führt aus, dass die
zur Zeit des Territorialsystems im 18. Jahrh. in Bayern dem placetum regium
innewohnende Bedeutung (Förderung der Religion etc. S. oben 8. 192) auch
nach Emanation der Verfassung aufrecht erhalten werden müsse.