Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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lichen Wirkungskreises sind damit überschritten, ihr Rechts- 
anspruch auf polizeilichen Schutz ist verwirkt; der weltliche Arm 
darf der Kirche ganz allgemein versagt werden, zu diesem speciellen 
Gesetze aber muss er sogar versagt werden. 
2. Zu einem geistlichen Erlasse ist das Placet eingeholt und 
ertheilt worden, aber die Kirchengewalt hat sonst irgendwie z. B. 
durch Publikation und Exequirung eines anderen, eines nicht 
placetirten Gesetzes die Grenzen ihres eigentlichen Wirkungs- 
kreises überschritten. Da der Rechtsanspruch auf den Schutz 
der Staatsgewalt damit ganz allgemein verwirkt ist, so hat die 
Kirchengewalt auch kein Recht mehr, den Schutz der Staats- 
gewalt gegen eine Verletzung des erstgenannten placetirten Er- 
lasses zu erhalten: er darf ihr verweigert werden *®. 
3. Es liegt ein placetirtes kirchliches Gesetz vor. Durch 
Verkündung und Vollziehung dieses Gesetzes kann also die 
Kirchengewalt die Verfassung ($ 58 des Religionsediktes) nicht 
verletzen. Aber auch ausserhalb dieses kirchlichen Gesetzes hat 
sie, wie wir nun annehmen, die Grenzen ihres eigentlichen 
Wirkungskreises nicht überschritten. In diesem Falle, sollte man 
meinen, müsse der Kirche unter allen Umständen der Rechts- 
anspruch auf polizeilichen Schutz gemäss $ 51 zugebilligt, und der 
weltliche Arm für jenes placetirte Gesetz gewährt werden. Den- 
noch ist das nicht richtig; es beruht diese Interpretation auf 
einer unrichtigen Auffassung des Verhältnisses der beiden mehr- 
fach genannten Paragraphen des Religionsediktes, auf der Auf- 
46 Hmnscaivs, Staat und Kirche in Marquardsen’s Handbuch des öffentl. 
Rechts, Bd. I 1, 8.370 Anm. 1 ist darnach zu berichtigen. Dieser Schrift- 
steller sagt, es sei die rechtliche, aber praktisch allerdings fast nicht durch- 
führbare Konsequenz der Nichtnachsuchung des Placet zu den vatikanischen 
Beschlüssen, dass die vatikanischen Katholiken nicht mehr als Katholiken 
mit den Rechten einer öffentlichen Kirchengesellschaft anerkannt würden. 
M. E. wäre das eine der beiden möglichen rechtlichen Konsequenzen: der 
Schutz darf ihr verweigert werden, er darf ihr aber auch gewährt werden. 
Vgl. übrigens Seyper a. a. O. Bd.VI, $. 205.
	        
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