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fassung, dass die Einholung des Placet nichts sei als ein Gesuch
um den weltlichen Arm. Die Staatsgewalt kann, nachdem sie ein
kirchliches Gesetz placetirt hat, zu der Ueberzeugung gelangen,
dass dasselbe den (sesetzen des Staates widerspricht; ist das der
Fall, dann darf der weltliche Arm zu dem Gesetze gar nicht ge-
währt werden: „Denn abgesehen davon, dass das Placet nicht
die Bedeutung der Nanktion hat, vermöchte der König durch
eine solche Verwaltungshandlung gesetzliche Bestimmungen nicht
zu beseitigen. Derartige Erlasse, welche den Gesetzen wider-
sprechen, würden also auf alle Fälle jeder Rechtswirksamkeit ent-
behren und demnach rechtlich nicht vollziehbar sein“. Die
Definition des Placet, welche H. von SICHERER*® aufstellt, wo-
nach das landesherrliche Placet auf dem Gedanken beruht, „dass
kirchliche Erlasse jedweder Art, um in die Rechtsordnung des
Landes aufgenommen und mit der Erzwingbarkeit des Rechtes
ausgestattet zu werden, der Genehmigung durch die weltliche
Gewalt bedürfen“, wird daher von SEYDEL mit Recht für das
geltende Recht verworfen.
Das placetum regium in Bayern seit dem Erlasse der Verfassung.
Anwendung des Resultates, insbesondere auf die staatsrecht-
liche Ausschliessung der Altkatholiken aus der katholischen
Kirche.
Die Geschichte des placetum regium seit dem Inkrafttreten
der Verfassung hat eine andere Bedeutung als die den Zeitraum
vor dem Jahre 1818 behandelnde. Eine Betrachtung der vor
deın genannten Jahre liegenden Zeit muss sich darauf beschränken
aus den Fällen praktischer Handhabung des placetum regium die
vom Staate aufgestellten Rechtssätze abzuleiten, vom Jahre 1818
47 SEYDEL a. a. O. Bd.VI, S. 213.
4 Staat und Kirche in Bayern vom Regierungsantritt des Kurfürsten
Max Joseph IV, bis zur Erklärung von Tegernsee 1799—1821. München
1874, 8. 87.
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