Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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der zweiten Verfassungsbeilage“. Es folgten nun die Verhand- 
lungen im Landtage über den von dem Abgeordneten GEIGER 
und Genossen gestellten Antrag, dessen Ziffer 2 lautet, der Regent 
solle gebeten werden, er möge das Ministerium „anweisen“, den 
altkatholischen Uentralverein als eine von der katholischen Kirche 
verschiedene Religionsgesellschaft zu behandeln“. In den Schluss- 
worten der Rede, die Staatsminister Dr. Freiherr von Lutz in 
der Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom 6. November 1889 
unmittelbar nach dem Antragsteller, dem Abgeordneten GEIGER, 
hielt, war, wie SEYDEL sagt, das künftige Schicksal der Alt- 
katholiken angedeutet°®. Ueber den in der zweiten Kammer an- 
genommenen Antrag wurde in der ersten Kammer zur Tages- 
ordnung übergegangen mit einer Motivirung, die sich an die so 
eben bezeichneten Worte des Staatsministers anschliesst. 
Die katholische Kirchengewalt ging nun auf dem ihr von der 
Staatsregierung angedeuteten Wege vor. Ein Schreiben des 
Kapitularvikariates von München-Freysing vom 10. März 1890 
bittet, „die Ausschliessung der Altkatholiken aus der katholischen 
Kirche auch für das staatliche Gebiet als wirksam anzuerkennen“, 
und fügt das vom Minister in seiner Rede als erforderlich erklärte 
Urtheil der Kirchengewalt als kompetenter Behörde hinzu, welches 
lautet, die Altkatholiken hätten: 
58 Sten. Ber. IV, S. 164: „Anlangend aber endlich den Punkt, dass die 
Altkatholiken noch in Bezug auf andere Dinge als das Dogma von der 
Infallibilität von Rom und den Katholiken sich getrennt haben, so steht mir 
keine Kompetenz zu, hierüber zu urtheilen, keine Kompetenz nach Ihrer 
eigenen Rechtsanschauung. Sie haben immer und immer wieder gesagt: ob 
einer der katholischen Kirche noch angehört oder er aus der katholischen 
Kirche ausgeschieden, ob er freiwillig ausgeschieden ist oder ob er in Folge 
der Exkommunikation auszuscheiden gezwungen war, das sind Dinge, die der 
geistlichen Obrigkeit zustehen, nicht der staatlichen, nicht dem Kultusmini- 
sterium. Wohlan, meine Herren, möge die geistliche Behörde die Frage 
einmal genau untersuchen, möge sie prüfen, wie es denn damit steht und 
möge sie das in ihrer Zuständigkeit liegende Urtheil fällen. Dann werden 
wir weiters sehen, was unseres Amtes ist“.
	        
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