Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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Was vor allem die auf die Aemterbesetzung bezüglichen Vor- 
schriften anlangt, so enthält das neue Gesetz wesentliche Aende- 
rungen gegenüber den Bestimmungen der Verfassungsurkunde. 
Fasst man den Wortlaut der betreffenden Verfassungsgesetzes- 
stelle ins Auge, so ergibt sich, dass nach der Verfassungsurkunde 
die vom Regenten ausgehenden Neuanstellungen und Beförderungen 
nur die in 88 2 und 3 der IX. Verfassungsbeilage vorgesehenen 
Wirkungen haben sollen, d. h. der Regent kann bereits definitiv 
angestellte Beamte bei Beförderungen nur zu Verwesern der 
neuen Stellen ernennen, Neuanstellungen und Beförderungen provi- 
sorisch Angestellter haben nur provisorischen Character, d.h. sie 
gewähren nicht die Vortheile der Dienstespragmatik, sofern die- 
selben gegen willkürliche Entlassung oder Widerruf einer Beför- 
derung eine Sicherheit darbieten "8. 
Diese rein wörtliche Auslegung ist zwar mit vielen Unzukömm- 
lichkeiten und grossen Härten verbunden, allein trotzdem geht es 
nicht an, dieselbe durch eine mehr als gewagte Argumentation 
wegzudeuten. Der bayerische Verfassungsgesetzgeber wollte that- 
sächlich das bestimmen, was der Wortlaut besagt. Es ergibt sich 
dies aus dem Protokoll der Ministerialconferenz vom 7. März 1818, 
woselbst mit Bezug auf den $ 24 (nunmehr $ 18) des Tit. II der 
Verf.-Urk. bemerkt ist !®: 
„Bei diesem Paragraphen wurde die Frage in Berathung 
gestellt, ob es vorzuziehen, dass die erledigt werdenden Stellen 
nur provisorisch und nicht definitiv besetzt würden, da der 
Fall sich ereignen könnte, dass während einer langen Dauer der 
Reichsverwesung der rechtlichste und geprüfteste Diener nach 
Jahren von dem neuen Monarchen entlassen würde. — Sollte 
ein solcher Diener nicht wenigstens auf die Vortheile der Dienst- 
pragmatik Anspruch machen können? .... In Beantwortung 
dieser Fragen wurde auseinander gesetzt, wie gefährlich es sei, 
18 SEYDEL, Staatsrecht I, S. 483 ff. 
18 ood. 8. 484f.
	        
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