Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zehnter Band. (10)

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und 9 Mark an Tagegeldern erhalten, ohne dass der Nachweis 
thatsächlicher Aufwendung dieser Summen verlangt wird. Dass 
die Reisekosten die für die Beförderung aufzuwendenden Beträge 
erheblich übersteigen und dass die Summe des an Tagegeldern 
und Reisekosten Gewährten in den seltensten Fällen aufgewandt 
wird, ist eine allgemein bekannte Thatsache. Der Richter, welcher 
einen Lokaltermin wahrnimmt, geniesst dadurch somit einen Ver- 
mögensvortheil, welchen er, wenn er den Termin an der Gerichts- 
stelle abhielte, nicht geniessen würde. 
Dieser mit der (Gresetzesabsicht im Widerspruch stehende 
Zustand ist um so weniger haltbar, als er das richterliche An- 
sehen und die Rechtsprechung selbst in hohem Grade schädigt. 
Darüber, ob ein Termin an Ort und Stelle abgehalten werden 
soll oder nicht, entscheidet das Ermessen des betheiligten Rich- 
ters**, (Gewisse Ungleichheiten in diesen Entscheidungen sind 
nicht zu vermeiden. Dahin gehört beispielsweise, dass die Ver- 
steigerungstermine in Subhastationen in einzelnen Gerichtsbezirken 
nur in ganz besonders gearteten Fällen an Ort und Stelle ab- 
sehalten werden, während in anderen Bezirken die Abhaltung an 
Ort und Stelle die Regel bildet. Ebenso kommt es vor, dass an 
ein und demselben Gerichte mit anderweiter Besetzung einer 
Richterstelle die Praxis sich ändert. Dem Eingeweihten sind 
solche Ungleichheiten aus der Verschiedenheit des richterlichen 
Ermessens erklärlich; dem Publikum aber bieten sie Gelegenheit 
zu Schlüssen auf die „Vorliebe des Richters für Lokaltermine“. 
Wie sehr unter solchen Verdächtigungen das richterliche Ansehen 
leidet, liegt auf der Hand. 
Die bei dem gegenwärtigen Zustande vorhandene Möglichkeit, 
durch Wahrnehmung des Lokaltermins einen Ueberschuss zu er- 
zielen, hat ferner in einzelnen Fällen ein Auftreten des betreffenden 
Richters in seinem Bezirk zur Folge gehabt, das mit seiner 
4.88 196 C.-P.-O., 243 Abs. 3 R.-St.-P.-O., 43 Ges. betr. die Zwangs- 
vollstreckung in das unbewegliche Vermögen vom 13. Juli 1883, 
Archiv für öffentliches Recht. X. 2. 16
	        
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