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Voraussetzung der Zulässigkeit einer Versammlung, dass die
Theilnehmer „friedlich und ohne Waffen“ zusammentreten. Ob
eine solche Zusammenkunft eine friedliche ist, muss nach Lage
der in Betracht kommenden Umstände beurtheilt werden. Die
Versammlung muss ohne Waffen (übereinstimmend mit 8 77 des
Vereinsgesetzes) stattfinden. Hierunter sind nicht nur eigentliche
Hieb-, Stich-, Stoss- und Schusswaffen zu verstehen, sondern alle
Gegenstände, mit denen eine erhebliche Körperverletzung herbei-
geführt werden kann. Es kommt lediglich auf den Zweck an,
der durch das Mitführen erreicht werden soll. Die Gefahren liegen
in der Sicherheit, welche der Besitz einer Waffe verleiht, so dass
der Träger sich leichter zu Thaten hinreissen lässt, und in dem
erhöhten Gewicht, welches die Willensäusserung eines Bewaffneten
gegenüber dem Wehrlosen gewinnt. Die „geschlossenen Räume“
bilden den Gegensatz zum Ausdruck „unter freiem Himmel“; die
Räume müssen nach allen drei Dimensionen abgeschlossene sein
(Gebäude und Häuser) ?.
Für die friedlichen und unbewaffneten Versammlungen gelten
nach heutigem preussischen Rechte drei Grundsätze:
1. Alle Versammlungen in geschlossenen Räumen und alle
nicht öffentlichen Versammlungen bedürfen keiner Genehmigung.
2. Oeffentliche Versammlungen unter freiem Himmel be-
dürfen der vorgängigen obrigkeitlichen Genehmigung ($ 9 Abs. 1
Ver.-Ges.).
3. Volksversammlungen unter freiem Himmel dürfen unter
Umständen von der Ortspolizei nicht gestattet werden (8 11
Ver.-Ges.)??,
Die V.-O. über die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit
und Ordnung gefährdenden Missbrauches u. s. w. vom 11. März
2? Nach NIERNHOLDT, Erläuterung zum sächsischen Vereinsgesetz, fallen
unter nicht-friedlich alle V., welche den Zweck haben, den bestehenden
Rechtszustand im Lande zu verletzen oder mit naher Gefahr zu bedrohen.
22 S. Kaspar, 1. c. 8. 63,