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6. Im Grossherzogthum Hessen beruht das Vereins-
recht auf dem Beschlusse des Bundestags vom 13. Juli 1854
(s. Einleitung). Thatsächlich wird derselbe kaum noch gehand-
habt, obgleich er seinerzeit amtlich publizirt wurde. Das Recht
der Versammlungen zur Berathung über allgemeine politische oder
Privatinteressen kann nach dem Gesetz vom 16. März 1848 frei
ausgeübt werden. Im sicherheitspolizeilichen Interesse übt die
Polizei ein Ueberwachungsrecht aus, und kann wegen Aufrecht-
haltung der Ordnung und Wahrung der Autorität der Gresetze,
einschreiten. Insbesonders beansprucht die Polizeibehörde das
Recht, Versammlungen, welche die allgemeine Sicherheit dringlich
gefährden, aufzulösen und im Voraus zu verbieten. Das Polizei-
strafgesetz vom 30. Okt. 1855 (Art. 78 Abs. 2) bestimmt: Hat
die Polizeibehörde (Kreisamt) eine bevorstehende Volksversamm-
lung untersagt, so verfallen Diejenigen, welchen dieses Verbot be-
kannt gemacht ist und welche gleichwohl an der Versammlung
Theil nehmen oder Andere zur Theilnahme auffordern, in Geld-
strafe ©. |
7. In Mecklenburg-Schwerin (V.-O. vom 27. Jan. 1851)
ist die Abhaltung von öffentlichen Versammlungen zu politischen
Zwecken und die Bildung politischer Vereine von der Genehmi-
gung der Regierung abhängig. Genehmigten Vereinen oder Ver-
einigungen zum Zwecke der Reichstagswahlen ($ 17 W.-Ges.) ist
durch V.-O. vom 2. Mai 1877 die Einreichung der Statuten, Mit-
glieder- und Vorstandsverzeichnisse auferlegt. Für alle erlaubte
öffentliche Versammlungen zu politischen Zwecken sind rücksicht-
lich der Anmeldepflicht, des Verbotes bewaffneter Versammlungen
und solcher unter freiem Himmel, der Anwesenheit von Aufsichts-
beamten wesentlich .die Bestimmungen des preussischen Gesetzes
wiederholt; daneben ist aber die Auflösung zugelassen „wenn in
et S. Handbuch des öffentl. Rechtes, III. Bd.: Cosack, Das Staatsrecht
des Grossherzogthums Hessen, S. 103; Zeitschrift für Staats- und Gemeinde-
verwaltung in Hessen, Jahrg. 15, 8. 122.